Branchenprimus will 500 Arbeitsplätze im Investmentbanking vor allem im Ausland abbauen. Aktienkurs hat sich seit Mai halbiert

Frankfurt/Main. Sie hat lange daran festgehalten. Doch nun musste auch die Deutsche Bank ihr ehrgeiziges Gewinnziel von zehn Milliarden Euro für 2011 kassieren. Die Schuldenkrise und die anhaltende Unsicherheit an den Märkten sorgten dafür, dass das für dieses Jahr angepeilte Ergebnis von zehn Milliarden Euro in den Kerngeschäftsfeldern "nicht mehr in Reichweite" sei, sagte der scheidende Vorstandschef Josef Ackermann auf einer Investorenkonferenz in London. Vor allem das Investmentbanking leidet unter der lähmenden Angst von Unternehmen und Anlegern vor der Pleite eines Euro-Landes. Im Kapitalmarktgeschäft sollen deshalb nun bis März kommenden Jahres weitere 500 Stellen abgebaut werden - allerdings weniger in Deutschland, sondern vor allem im Ausland.

Die Aktie der Deutschen Bank beschleunigte den Abwärtstrend an den Börsen und lag im Handelsverlauf bis zu acht Prozent im Minus. Seit Mai hat sich der Wert der Aktie damit halbiert. Auch andere europäische Finanzinstitute verloren gestern wieder deutlich. Aus Sorge vor einer erneuten Bankenkrise trennen sich Anleger seit Wochen scharenweise von Banktiteln.

Beobachter hatten auch bei der Deutschen Bank bereits seit Längerem eine Gewinnwarnung erwartet. "Die Institute sind gut beraten, angesichts der extremen Unsicherheit an den Kapitalmärkten sehr vorsichtig zu planen", sagt Dirk Müller-Tronnier, Partner bei Ernst & Young. Die Börsenturbulenzen führten zu niedrigeren Provisionserlösen. Zudem dürfte der Risikovorsorgebedarf im zweiten Halbjahr bei vielen deutschen Geldhäusern erneut steigen.

Die Deutsche Bank begründete die Rücknahme ihres ursprünglichen Gewinnziels damit, dass das operative Ergebnis im Kapitalmarktgeschäft im dritten Quartal deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben sei. Eigentlich sollte allein das Investmentbanking fast zwei Drittel zu den zehn Milliarden Euro beitragen. Doch die Krise verunsichert Anleger an den Märkten und lässt Fusionspläne der Unternehmen in den Schubladen verschwinden. Insgesamt habe die Deutsche Bank aber zwischen Juli und September schwarze Zahlen geschrieben, sagte der scheidende Vorstandschef. Er soll im kommenden Jahr von Anshu Jain und Deutschland-Chef Jürgen Fitschen abgelöst werden.

Ackermann muss sich nun auf die stabileren Geschäftsfelder stützen: das Privatkundengeschäft, die Vermögensverwaltung und den Zahlungsverkehr. Sie sollen auf mittlere Sicht die Hälfte des Gewinns erwirtschaften. 2011 sei das noch nicht zu schaffen, obwohl diese Sparten zusammen so viel verdienten wie noch nie. Ackermann sei aber zuversichtlich, dass diese in den vergangenen Jahren unter anderem durch die Übernahme der Postbank gestärkten Bereiche ein Rekordergebnis erzielen würden. Für den Gesamtkonzern legt er sich nur noch auf ein "robustes Ergebnisniveau" fest. Der höchste Vorsteuergewinn datiert bislang aus dem Vorkrisenjahr 2007 mit 8,7 Milliarden Euro.

Die Deutsche Bank schreibt im dritten Quartal weitere 250 Millionen Euro auf ihre griechischen Staatsanleihen ab, die nun zum Marktwert von 900 Millionen Euro bilanziert werden. Im zweiten Quartal hatte der Branchenprimus nur 155 Millionen Euro abgeschrieben, den Mindestbetrag, den die Wirtschaftsprüfer verlangt hatten. Inzwischen rechnen die Experten der Bank aber damit, dass dies nicht mehr ausreicht. In seiner Präsentation machte Ackermann aber deutlich, dass sein Haus bereits im ersten Halbjahr die Positionen mit Anleihen aus Peripheriestaaten um 70 Prozent abgebaut hat.

Die Deutsche Bank hatte in den ersten sechs Monaten nach ihrer Zieldefinition im Kerngeschäft 5,5 Milliarden Euro verdient. Das vierte Quartal ist traditionell eher mau, daher hätte sie zwischen Juli und September Analysten zufolge schon 2,5 bis drei Milliarden Euro einfahren müssen, um ihr Ziel noch zu erreichen. Vor einem Jahr waren es 1,3 Milliarden Euro - und damals lief das Geschäft vor allem im September deutlich besser.

Seit Anfang September hatten 13 von 29 Analysten ihre Gewinnerwartungen nach unten gesetzt - durchschnittlich um zehn Prozent. Auch über andere im Investmentbanking starke Banken wie Goldman Sachs haben Experten wegen der Krise zuletzt ihre Daumen gesenkt.