Vorstandschef Mosa plant bereits für dieses Jahr zahlreiche Eröffnungen. Zehntausend Arbeitsplätze könnten allein 2012 entstehen.

Hamburg. Markus Mosa ist nicht zu bremsen. Nachdem der Chef des Hamburger Handelskonzerns Edeka bereits für dieses Jahr die Eröffnung von 200 neuen Filialen in Deutschland angekündigt hatte, will er 2012 weitere 200 Läden schaffen. Auch Standorte in Hamburg werden nach Informationen des Abendblatts geprüft. Rund zehntausend Arbeitsplätze für Voll- und Teilzeitkräfte werden so im kommenden Jahr entstehen. Geführt werden die neuen Verkaufsstellen von Einzelhändlern, die von Edeka beliefert werden.

"Unser Modell des von selbstständigen Kaufleuten betriebenen Vollsortimentsgeschäfts stellt das Erfolgsmodell mit Zukunftspotenzial im Lebensmitteleinzelhandel dar", begründete Mosa gestern die Wachstumspläne. Gleichzeitig werden aber auch einige Geschäfte, die etwa zu klein oder unmodern sind, geschlossen und durch neue ersetzt. Auch zu hohe Energiekosten sind ein Grund für die Aufgabe von alten Filialen.

Schon heute ist Edeka mit 7720 Geschäften, 43,5 Milliarden Euro Jahresumsatz und 300 000 Mitarbeitern bundesweit die Nummer eins der Branche. Doch auf diesem Erfolg kann sich das Unternehmen nicht ausruhen. Denn der deutsche Lebensmittelmarkt gehört zu den am härtesten umkämpften in der Welt. Zu viele Geschäfte und zu geringe Gewinne prägen die Lage. Verschärft wird das Dilemma, weil die Konsumenten sehr kostenbewusst sind. Pro eine Million Einwohner gibt es in Deutschland rund 320 Einzelhandelsfilialen. In Frankreich sind es etwa 200 und in Großbritannien sogar nur knapp 100. "Die Folge dieser Entwicklung ist, dass die Renditen der Branche in Großbritannien etwa dreimal so hoch sind wie in Deutschland", sagt der Hamburger Einzelhandelsexperte Rainer P. Lademann dem Abendblatt.

+++ Arbeitslosenzahl in Hamburg leicht rückläufig +++

Wachsen könne die Branche fast nur noch auf Kosten der Konkurrenz. "Es herrscht ein Verdrängungswettbewerb", so Lademann. Zwar klettern die Umsätze weiterhin moderat um bis zu einem Prozent, aber eben nicht so stark wie die Verkaufsfläche der neuen Geschäfte zulegt. Wegen dieser Fehlentwicklung sind die Umsätze pro Quadratmeter in den vergangenen 30 Jahren ständig gesunken. Und eine Trendwende ist nicht in Sicht.

Wenn die Renditen schrumpfen, muss die Branche auf der Kostenseite gegensteuern. Vor allem beim Wareneinkauf nutzen die Händler ihren Spielraum zulasten der Hersteller aus. Denn je größer das Bestellvolumen, desto günstiger die Konditionen, die sich mit den Erzeugern aushandeln lassen. Edeka kämpft deshalb an zwei Fronten. Nicht nur die Zahl der Geschäfte mit dem hauseigenen Sortiment soll wachsen, sondern auch die Filialen der Discounttochter Netto werden zulegen, damit die Einkaufsmacht des Konzerns steigt. Der mit rund 4000 Filialen drittgrößte deutsche Billiganbieter hinter Aldi und Lidl will allein in diesem Jahr 250 neue Geschäfte eröffnen. Mittelfristig sieht Edeka-Chef Mosa sogar Potenzial für bis zu 1000 neue Filialen in Deutschland.

Doch diese aggressive Wachstumsstrategie der Hamburger sorgt nicht nur für Freude. Denn eine Reihe von Edeka-Händlern klagt bereits über die Billigkonkurrenz aus dem eigenen Haus, die an manchen Standorten in direkter Nachbarschaft zum Edeka-Laden um Kunden kämpft.

Mit seiner Struktur ist das Handelsunternehmen ein Ausnahmefall in der deutschen Branche. Während es sich bei Rewe, Lidl und anderen Konkurrenten um Ketten mit eigenen Filialen handelt, ist Edeka als Genossenschaft organisiert. Rund 4500 selbstständige Inhaber von Geschäften gehören dem Verbund an - und diktieren gelegentlich ihre Vorschläge der Geschäftsführung in den Block. Vermutlich verzichtet der Konzern als einziger deutscher Handelskonzern auch deshalb auf eine weitere Expansion ins Ausland, nachdem ein Engagement in Österreich mit einem Verlust von rund 200 Millionen Euro endete.

Den deutschen Genossenschaftsmitgliedern würde ein Engagement außerhalb Deutschlands wenig bringen. Auch deshalb muss sich Unternehmenschef Mosa ständig nach Wachstumsgelegenheiten im eigenen Land suchen. Selbst wenn der Markt bereits gesättigt zu sein scheint und auch die Wettbewerber neue Filialen eröffnen, muss er der Konkurrenz mit neuen, größeren Geschäften ein Stück vom Umsatz abjagen.