Washington/Mannheim. Die Euro-Schuldenkrise und der drohende globale Abschwung lassen beim Internationalen Währungsfonds (IWF) die Alarmsirenen schrillen. "Die Weltwirtschaft ist in einer gefährlichen neuen Phase", warnte IWF-Chefvolkswirt Olivier Blanchard in dem gestern vorgelegten Konjunkturausblick. Auch Deutschland könnte in den Abwärtsstrudel gerissen werden. Das Bruttoinlandsprodukt werde 2012 nur noch um 1,3 Prozent wachsen - satte 0,7 Prozent weniger als bisher erwartet.

Rund um den Globus wird die Wirtschaft laut IWF-Prognose sowohl 2011 als auch 2012 nur um vier Prozent wachsen. Im Juni hatte der Fonds noch mit 4,3 und 4,5 Prozent gerechnet. 2010 waren es 5,1 Prozent. Hauptgrund für die Abkühlung: das schleppende Wachstumstempo in den Industriestaaten. Zwei Risiken bereiten den IWF-Experten besondere Sorge: dass die Schuldenkrise außer Kontrolle gerät und dass die US-Wirtschaft noch weiter abschmiert. Jedes Szenario hätte "schwere Konsequenzen für das globale Wachstum". Mit Sorge blickt der IWF insbesondere auf die Euro-Zone: "Sollte die Schuldenkrise vom Rand auf die Kernstaaten übergreifen, könnte die globale Finanzstabilität ernsthaft ins Wanken geraten." Als Rezept rät der Fonds den Politikern in der Euro-Zone nicht nur, die Beschlüsse ihres Krisengipfels vom Juli rasch umzusetzen. Zugleich müsse die Europäische Zentralbank (EZB) "weiterhin kräftig intervenieren", um die Ordnung auf den Märkten für Staatsanleihen zu wahren. Gerate das Wachstum in Gefahr und bleibe gleichzeitig die Inflation im Griff, solle die EZB zudem ihren Leitzins senken.

Die USA sieht der IWF auf einer Gratwanderung zwischen Konjunkturstützung und Haushaltskonsolidierung. Mit 1,8 Prozent dürfte die Wirtschaftsleistung dort 2012 aber immerhin stärker anziehen als in der Euro-Zone mit erwarteten 1,1 Prozent.

Europas Schuldenkrise und die Angst vor einem weiteren Abschwung der Weltkonjunktur verunsichern auch die Finanzexperten in Deutschland. In der Umfrage des Mannheimer ZEW-Instituts sanken die Konjunkturerwartungen im September um 5,7 auf minus 43,3 Punkte. Größer war die Skepsis zuletzt im Dezember 2008 - kurz nach der Lehman-Pleite.