Russischer Investor hat Probleme mit Finanzierung einer Megayacht. Bremer Unternehmer Lürßen weist Spekulationen über Jobabbau zurück

Hamburg. Der Verkauf der Hamburger Traditionswerft Blohm + Voss wird voraussichtlich später als erwartet über die Bühne gehen. So soll eine Entscheidung über die Zukunft des Unternehmens nicht mehr bis Ende September fallen. Darüber haben gestern Vorstände des Werftmutterkonzerns ThyssenKrupp, die IG Metall Küste und die Betriebsräte aus Hamburg bei einer Sonderkonferenz in Essen informiert.

"Der Auftrag für eine Megayacht, an die der Einstieg eines britischen Finanzinvestors bisher geknüpft war, wird möglicherweise erst im November erteilt", sagte Blohm + Voss-Betriebsrat Herbert Oetting gestern dem Abendblatt. Der Interessent sei aber dennoch bereit, zunächst die Kosten für die Konstruktion des Schiffs zu tragen. Damit würden die Beschäftigten in diesem Teilbereich zunächst ausgelastet. Nach Abendblatt-Informationen handelt es sich bei dem Auftraggeber für die Yacht um einen Russen mit Wohnsitz in der Schweiz.

Auch ohne den Auftrag wolle der britische Finanzinvestor zwar weiter den zivilen Bereich von Blohm + Voss mit 1400 Beschäftigten übernehmen. Dies werde aber voraussichtlich auch nicht mehr bis Ende September geschehen, so Oetting weiter. Zu diesem Zeitpunkt endet im ThyssenKrupp-Konzern das Geschäftsjahr. ThyssenKrupp verhandelt nach Abendblatt-Informationen mit dem Investor Star Capital Partners. Einen Verkauf an die Bremer Lürssen-Werft, die sich seit vergangener Woche ebenfalls um Blohm + Voss bewirbt, lehnten der Konzern und die Arbeitnehmervertreter dagegen ab.

Hintergrund dafür ist, dass nach Aussagen der Arbeitnehmervertreter durch den Einstieg von Lürssen mehrere Hundert Arbeitsplätze in Gefahr geraten könnten. "So brauchen die Bremer nach ihrem Konzept nur 200 statt der derzeit 500 Mitarbeiter von Blohm + Voss für das Engineering von Marineschiffen. An den 100 Konstrukteuren für den Yachtbau in Kiel sind sie nicht interessiert, und auch die Reparatur ist ihnen mit 450 Mitarbeitern zu groß", sagte Oetting weiter. Ein solches Vorgehen könnten die Betriebsräte nicht akzeptieren, zumal ThyssenKrupp im Falle eines Abbaus von Arbeitsplätzen den Betroffenen zumindest neue Jobs im Konzern anbieten könnte. "Wir werden keine Gespräche mit Lürssen führen", sagte Oetting. Auch vonseiten der IG Metall Küste ist derzeit kein Treffen geplant. "Wir würden das Angebot erst prüfen, wenn ThyssenKrupp ernsthaft an die Bremer verkaufen wollte. Das ist derzeit aber nicht der Fall", sagte IG-Metall-Sprecher Heiko Messerschmidt.

"Wir haben in unseren Angebot lediglich darauf verwiesen, dass wir umstrukturieren wollen, ohne Zahlen über Arbeitsplätze zu nennen", sagte Werftchef Friedrich Lürßen dem Abendblatt. "Uns liegen solche offiziellen Zahlen über Blohm + Voss gar nicht vor." Der Werftchef hatte bereits am Sonntag ThyssenKrupp erneut Gespräche über seinen Vorstoß angeboten. Details der Neuausrichtung der Werft sollten "im Rahmen von Verhandlungen sorgfältig geprüft und gemeinsam mit Führungskräften, Betriebsräten und Mitarbeitern sinnvoll gestaltet" werden.

Auch Schiffbauexperten sehen das Angebot der Lürssen-Werft weniger kritisch als ThyssenKrupp und die Arbeitnehmervertreter. Das Unternehmen sei solvent, im Schiffbau erfolgreich und habe einen guten Namen, heißt es aus den Kreisen. Zudem sei es ein deutscher Bewerber. Dies spiele gerade bei Aufträgen für Marineschiffe eine wichtige Rolle.

Heute wird Hans Christoph Atzpodien, der Chef der Schiffbauholding von ThyssenKrupp TKMS, die Belegschaft in Hamburg über die Lage informieren. Von 9.30 Uhr an will er vor dem Hauptgebäude der Werft zu den Beschäftigten sprechen. Er dürfte dabei nochmals seine Vorbehalte gegenüber Lürssen äußern und sich für den britischen Finanzinvestor als Käufer der Hamburger Werft aussprechen.