Hamburg. Der europäische und deutsche Schiffbau droht gegenüber Asien weiter an Boden zu verlieren. Davor hat gestern Bernard Meyer, der Chef der Meyer Werft, des weltgrößten Anbieters für Kreuzfahrtschiffe, gewarnt. "Während die chinesischen, koreanischen und japanischen Werften derzeit für mehr als zwei Jahre und länger ausgelastet sind, liegt der Schnitt in Europa bei gut eineinhalb Jahren", sagte Meyer beim Schifffahrtssymposium des Emissionshauses Hansa Treuhand in Hamburg. Während der Marktführer aus Papenburg Aufträge für knapp vier Jahre aufweist, hätten andere Betriebe teilweise nur noch Arbeit für sechs Monate. "Auch in Deutschland besteht die Gefahr, dass Betriebe in Schwierigkeiten geraten", sagte Meyer. In der Branche arbeiten noch 18 000 Menschen.

Hintergrund für die Wettbewerbsnachteile in Deutschland seien hohe Lohnnebenkosten, der um 200 Dollar pro Tonne höhere Stahlpreis sowie der Wechselkurs des Euro zu Won und Yuan. Die beiden asiatischen Währungen hätten innerhalb von zehn Jahren allein 20 Prozent an Wert verloren, wodurch die Asiaten deutlich günstiger anbieten könnten. "Wenn jedoch die Werften bundesweit dieselben Steuervorteile und Zuschüsse bei den Lohnnebenkosten erhalten würden wie die Reeder, würde es uns besser gehen."

Meyer sieht die Branche jedoch weder bundesweit noch vonseiten der EU ausreichend unterstützt. "Es ist fünf vor zwölf", warnte der bekannteste deutsche Schiffbauer. "Wir brauchen eine europäische Industriepolitik für die Branche." China, inzwischen weltgrößter Schiffbauer vor Korea, würde diesen Platz auch bei den Zulieferungen, in der Schiffsfinanzierung und in der Schifffahrt anstreben.

Für die deutschen Charterreedereien sieht Hermann Ebel, Inhaber der Hansa Treuhand und Ausrichter des Symposiums, Chancen auf steigende Charterraten. "Wir erwarten, dass die Ratenrückgänge um 20 Prozent zur Jahresmitte im vierten Quartal ausgeglichen werden", sagte Ebel. So steigen traditionell mit der Vorbereitung auf Weihnachten die transportierten Mengen. Ebel rechnet kaum mehr mit Überkapazitäten. "2012 wird die weltweite Flotte um sieben Prozent wachsen. Im Containertransport wird aber ein Plus von elf Prozent erwartet."