Germanischer Lloyd sieht in umweltfreundlichen Treibstoffen die Energie der Zukunft

Hamburg. Der Hamburger Hafen muss sich auf die Versorgung der Schifffahrt mit Flüssiggas (LNG) als Treibstoff einstellen. Davon geht die weltweit tätige Klassifikationsgesellschaft Germanischer Lloyd (GL) aus. "Wir sehen die Dringlichkeit durch die international vereinbarten schärferen Vorschriften für schwefelarmen Treibstoff. Das Tanken von Flüssiggas sollte in der Hansestadt von 2014 an möglich werden", sagte Pierre C. Sames, der Leiter der Forschung und Entwicklung des Hamburger Schiffs-TÜV, gestern in Hamburg. Hintergrund: Zum 1. Januar 2015 sinken für Nord- und Ostsee sowie für US-amerikanische und kanadische Gewässer die Höchstwerte für Schwefel im Schiffstreibstoff von 1,0 auf 0,1 Prozent. In Flüssiggas ist dagegen gar kein Schwefel enthalten.

Klar ist: Das Interesse der Reedereien an LNG dürfte schon deshalb zunehmen, weil Dieselöl mit weniger Schwefel schon heute um 200 Dollar pro Tonne teurer ist als die entsprechende Menge des Gases. Diese Differenz dürfte künftig noch größer werden, weil ältere Schiffe kaum auf Gasbetrieb umgerüstet werden können und die Nachfrage nach dem hochwertigen Treibstoff weiter steigen wird. Häfen wie Rotterdam oder Singapur planen zudem bereits, sich auf die Gasversorgung von Handelsschiffen einzustellen. Damit würden Anlagen und LNG-Terminals zum Wettbewerbsfaktor unter den internationalen Häfen.

"Wir arbeiten mit der Hamburger Hafen und Logistik AG und der Hamburg Port Authority (HPA) bereits an einem Konzept für die Hansestadt", sagte Sames. Danach könnten Gastanker einen Terminal versorgen. Dort würden dann Bargen den Treibstoff aufnehmen und Schiffe betanken. Zunächst könnte die Lagerung von 10 000 Kubikmetern in Hamburg ausreichen, so der GL-Experte. Zum Vergleich: Ein kleinerer Zubringerfrachter braucht etwa alle zehn Tage 800 Kubikmeter Gas. "Das Projekt ist ein wichtiges Thema für uns. Wann eine Entscheidung fällt, ist aber derzeit noch offen", sagte ein HPA-Sprecher dem Abendblatt.

Insgesamt ist der GL auf Wachstumskurs. Die nach seinen Vorschriften gebaute Flotte wuchs innerhalb von sechs Jahren von 55,7 auf 100 Millionen BRZ. Der Umsatz stieg seit 2005 auch durch Zukäufe von Spezialfirmen, die Öl- und Gasförderanlagen betreuen oder im Bereich erneuerbare Energien tätig sind, von 318,3 auf 741 Millionen Euro. "Wir haben vor allem unsere weltweit führende Position bei den Containerfrachtern halten können", sagte Torsten Schramm, der das weltweite Schiffbaugeschäft des GL verantwortet. Derzeit betreut der GL fast jeden zweiten Containerschiffneubau.

Nachdem die dänische Reederei Maersk als Erste Frachter für jeweils 18 000 Stellplätze für Standardcontainer (TEU) bestellt hatte, gebe es zwar noch keine weiteren Projekte in dieser Größenklasse, so Schramm. "Einige unserer Kunden denken aber darüber nach." Technisch sei es heute möglich, Frachter mit bis zu 22 000 Stellplätzen zu bauen. Mit den Riesen lasse sich, so der Ingenieur, der Treibstoffverbrauch pro TEU gegenüber dem aktuellen Wert um ein Drittel verringern.