Gericht erklärt Vertragsklauseln für unwirksam. Ex-Versicherte sollen im Schnitt 500 Euro erhalten

Hamburg/Stuttgart. Millionen ehemaliger Kunden der Allianz haben möglicherweise Ansprüche auf Nachzahlungen aus Lebens- und Rentenversicherungen. Der Konzern habe in den Jahren 2001 bis 2007 die Rückkaufwerte für die Policen zu niedrig angesetzt und Stornokosten zu Unrecht einbehalten. Entsprechende Vertragsklauseln der Allianz Lebensversicherungs-AG erklärte das Oberlandesgericht Stuttgart in einem Urteil jetzt für unwirksam. Die Klage war von der Verbraucherzentrale Hamburg eingereicht worden (Aktenzeichen: 2 U 138/10, Urteil vom 18. August 2011).

"Wir schätzen die Nachzahlungsansprüche der Verbraucher gegen den Konzern auf rund zwei Milliarden Euro", sagte Edda Castelló von der Verbraucherzentrale Hamburg. Betroffen seien geschätzt knapp vier Millionen Verträge, die in dem Zeitraum gekündigt wurden. "Pro Vertrag gehen wir von einem Nachzahlungsbetrag von durchschnittlich 500 Euro aus."

Allerdings erfolgt die Rückerstattung nicht automatisch, warnte Castelló. "Wer zwischen Juli 2001 und Ende 2007 eine Lebens- oder Rentenversicherung bei der Allianz abgeschlossen und seither gekündigt oder beitragsfrei gestellt hat, sollte seine Ansprüche sofort schriftlich anmelden." Die Verbraucherzentrale Hamburg hat dafür einen Musterbrief auf ihrer Internetseite ins Netz gestellt ( www.vzhh.de ).

Die Allianz geht dagegen davon aus, dass ihre Klauseln den Transparenzanforderungen des Bundesgerichtshofs (BGH) genügen. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen seien nach früheren Urteilen des BGH den Vorgaben entsprechend überarbeitet worden.

Die Allianz werde deshalb jetzt Beschwerde beim BGH einlegen. Bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung könnten zunächst keine Nachzahlungen erbracht werden. Sollte der BGH die Urteile bestätigen, werde die Allianz "selbstverständlich die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf unsere Versicherungsverträge überprüfen".

Die Hamburger Verbraucherzentrale hatte bereits im Juli 2010 beim Hanseatischen Oberlandesgericht erfolgreich gegen ähnliche Vertragsklauseln der Versicherer Deutscher Ring, Ergo (Hamburg-Mannheimer), Generali (Volksfürsorge) und Iduna geklagt. Alle Verfahren sind noch beim BGH anhängig. Ein Verhandlungstermin wird für Herbst erwartet.