Weniger Tickets am Schalter verkauft. Gewerkschaft spricht von “brutalem Kahlschlag“

Berlin. Die von der Deutschen Bahn geplanten Stellenstreichungen in Reisecentern werden von Arbeitnehmervertretern heftig kritisiert. Das Vorhaben sei "unverständlich, unüberlegt, unausgegoren", sagte der Vorstand der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG, Reiner Bieck, in Berlin. Zwar habe der Verkauf von Tickets im Internet und an Automaten zugenommen. Beraten werde aber nach wie vor am Schalter. Die Bahn will bis 2016 rund 700 Arbeitsplätze in den Reisecentern streichen, da Fahrkarten immer seltener in den Bahnhöfen gekauft werden.

Ende 2010 sei in den Reisecentern nur noch 22 Prozent des Umsatzes erzielt worden, argumentiert der Konzern, 2005 seien es noch 46 Prozent gewesen. 2016 werde der Schalterverkauf wohl nur noch 17 Prozent zum Umsatz beisteuern. Bis dahin soll die Zahl der Mitarbeiter mehr als halbiert werden. Rund 350 Beschäftigte verließen das Unternehmen altersbedingt, für die übrigen 350 Reiseberater würden andere Aufgaben im Konzern gefunden.

Die Gewerkschaft befürchtet einen "brutalen Kahlschlag". Bedroht sei jede vierte Stelle, die Pläne hätten zudem Auswirkungen auf den Bestand der Reisecenter, sagte Bieck. "Viele Kunden informieren sich in den Reisecentern über die besten Verbindungen, um das Ticket dann, in manchen Fällen kostengünstiger, am Automaten oder über das Internet zu buchen." Den virtuellen Kunden gibt es aus Sicht des Gewerkschafters nicht. Im Gegensatz könnten die Reiseberater in vielen Bahnhöfen die Kundenschlangen kaum abarbeiten.

Nach Angaben der Bahn wird sich der Umbau nicht auf die Kunden auswirken. Auch die Präsenz des Konzerns an den Standorten der rund 400 Reisecenter stehe nicht auf dem Prüfstand. Für die betroffenen Reiseberater will das Unternehmen laut Personenverkehrsvorstand Ulrich Homburg nun zusammen mit den Arbeitnehmervertretern "sozialverträgliche Lösungen" finden. "Der konzerninterne Arbeitsmarkt bietet gerade jetzt die Chance auf attraktive Beschäftigungsalternativen", sagte Homburg. "Schließlich benötigen wir in den nächsten Jahren bis zu 7000 neue Mitarbeiter."