Urteile könnten Studenten und Auszubildende entlasten. Staat drohen hohe Steuerausfälle

München. Für Studenten und Auszubildende könnte es künftig einfacher werden, die Kosten für ihre Ausbildung beim Finanzamt geltend zu machen. Der Bundesfinanzhof (BFH) kassierte mit zwei aktuellen Urteilen die gängige Praxis der Behörden, die Anrechnung etwa von Studiengebühren als vorweggenommene Werbungskosten abzulehnen. Den Staat könnte das viel Geld kosten, wenn er nicht das entsprechende Gesetz überarbeitet, das aus Sicht der Richter nicht klar genug regelt, wie mit den Ausbildungskosten umzugehen ist. Die Kosten für die Miete am Studienort, Uni-Gebühren, Computer und Bücher können schnell Summen im fünfstelligen Bereich erreichen. Dem Staat drohen damit Steuerausfälle in Milliardenhöhe.

In zwei Fällen entschieden die obersten Finanzrichter, dass die Kosten für eine Ausbildung oder ein Erststudium direkt nach dem Schulabschluss unter Umständen doch von der Steuer abgesetzt werden können. Der BFH gab damit Klagen eines Piloten und einer Medizinerin (VI R 38/10 und VI R 7/10) statt, wie das Gericht gestern in München mitteilte. Grundsätzliche Wirkung haben die Urteile zunächst nicht, erst muss das Finanzministerium entscheiden, ob die Sprüche auch im Alltag angewendet werden. Sollte dies nicht geschehen, müssen Betroffene sich gegen eine Ablehnung juristisch wehren. Gut möglich ist auch, dass die Politik das Einkommenssteuergesetz überarbeitet.

Eigentlich dürfen seit 2004 die Kosten für Ausbildung und Erststudium nicht mehr als Werbungskosten geltend gemacht werden, wenn die Kosten nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses angefallen sind. Darauf beriefen sich auch die Finanzämter, als sie dem Piloten und der Medizinerin die Absetzung ihrer Kosten von rund 28 000 und gut 23 500 Euro verweigerten. Auch die Finanzgerichte urteilten so. Dagegen entschied der BFH, dass die Neuregelung des Einkommenssteuergesetzes kein generelles Abzugsverbot rechtfertige. Vielmehr seien in beiden Fällen die Kosten für die Ausbildung und das Erststudium nötig, um die entsprechende Stelle und das Gehalt zu bekommen - oder wie es in den Urteilen heißt, die Kosten "hinreichend konkret durch die spätere Berufstätigkeit veranlasst" sind. Beide Kläger durften also die Kosten für ihre Ausbildung vorweg geltend machen.