Personal klagt über undurchschaubare Strukturen und wenig Freiheiten. Konzern will gegensteuern

Berlin. Die Mitarbeiter der Deutschen Bahn sind einem Zeitungsbericht zufolge weitgehend demotiviert. Einer internen Umfrage zufolge seien nahezu 70 Prozent der Beschäftigen wegen ihrer Arbeit frustriert, berichtete die "Financial Times Deutschland". Demnach klagen die Mitarbeiter über zu geringe unternehmerische Freiheiten, lange Entscheidungswege, undurchschaubare Strukturen, überzogene Ziele oder eine veraltete Informationstechnik. Auch Fahrgastvertreter und Gewerkschaft berichten von weit verbreiteter Unzufriedenheit.

Laut Bahn waren vor eineinhalb Jahren in einer Stichprobe etwa 200 Beschäftigte befragt worden. Der Konzern hat insgesamt rund 276 000 Mitarbeiter. "Wir nehmen die darin zum Ausdruck gekommenen kritischen Rückmeldungen sehr ernst", teilte die Bahn mit - weiter ging sie auf die Ergebnisse nicht ein. Seit einem Jahr steuert die Unternehmensspitze demnach gegen. Vorstände hätten in "Dialogrunden" mit mehreren Tausend Beschäftigten gesprochen. Für die nächsten Monate seien weitere Konferenzen mit 4000 Mitarbeitern geplant - "Arbeit an einer neuen Unternehmenskultur", wie es heißt.

Für die Bahn sind zufriedene Mitarbeiter wichtig, weil sie täglich im Kontakt mit Millionen von Kunden stehen. "Dass sie unzufrieden sind, macht sich absolut bemerkbar", sagte Karl-Peter Naumann, der Vorsitzende des Fahrgastverbands Pro Bahn. Stress und Überforderung zeige sich besonders bei Störungen, wenn Bahnhofspersonal und Zugbegleiter keine Auskunft geben könnten, weil sie nicht informiert seien. "Das nervt die Mitarbeiter und es enttäuscht sie - denn die meisten geben sich ja Mühe."

Ähnlich ist die Sicht bei der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft: "Die Zufriedenheit ist nicht besonders hoch, das merken wir bei Betriebsbesuchen in allen Bereichen", sagte Sprecher Michael Klein. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) nannte als Ursachen außerdem unregelmäßigen Schicht- und Wechseldienst. Es fehle den Beschäftigten zudem an Möglichkeiten zur beruflichen Entwicklung und Qualifikation. Auch der Mitarbeiterdatenschutz werde nicht immer vom Unternehmen beachtet.

Der Bahnkonzern braucht auch deshalb ein gutes Image, weil er künftig wieder verstärkt Personal wie Ingenieure einstellen will. Vor allem im Personenverkehr kämpft die Bahn mit zahlreichen Problemen, etwa der unzuverlässigen ICE-Flotte, Zugverspätungen und Ausfällen bei der S-Bahn in Berlin. Konzernchef Rüdiger Grube räumte kürzlich ein: "Wir wissen, dass wir gerade für das Image des Konzerns noch einige Hausaufgaben vor uns haben."