Mit einer einstweiligen Verfügung soll der Streik gekippt werden. Die Lotsen wollen morgen zwischen 6 und 12 Uhr die Arbeit niederlegen.

Frankfurt/Main. Vor dem geplanten Streik der Fluglotsen haben erst einmal die Richter das Wort. Das Arbeitsgericht Frankfurt hat für den Mittwoch eine mündliche Verhandlung in dem Rechtsstreit zwischen der Deutschen Flugsicherung (DFS) und ihrer Gewerkschaft (GdF) angesetzt. Sie beginnt heute laut Gericht um 16.00 Uhr am Arbeitsgericht Frankfurt. Die DFS hat am Morgen eine einstweilige Verfügung gegen den von der GdF beschlossenen Streik beantragt. Einzelne Forderungen verstießen gegen geltendes Recht, hatte die DFS argumentiert.

Man hoffe auf eine schnelle Entscheidung des Gerichts, sagte DFS-Sprecher Axel Raab. Die Fluglotsen drohen mit einem sechsstündigen Streik am Donnerstagvormittag ab 06.00 Uhr. Sie wollen lediglich einen Notdienst aufrechterhalten, so dass tausende Flugverbindungen ausfallen könnten. Flughäfen und Airlines haben bereits mit den Vorbereitungen für diesen Fall begonnen. Die DFS kann aber auch noch die Schlichtung anrufen und damit den Streik in letzter Sekunde um mehrere Wochen verzögern.

Lotsenstreik: Von 6 bis 12 Uhr am Donnerstag geplant

Der Arbeitskampf um höhere Gehälter für die rund 1900 deutschen Fluglotsen eskaliert. Bereits morgen will die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) ihre Mitglieder an allen Standorten von sechs bis zwölf Uhr zur Niederlegung der Arbeit aufrufen. Betroffen sind die 16 deutschen Flughäfen sowie die vier Kontrollzentren, die den deutschen Luftraum überwachen.

In einer Urabstimmung hatten, wie berichtet, fast 96 Prozent der 2600 stimmberechtigten Mitglieder der GdF einem Streik zugestimmt. Sie wollen einen neuen Tarifvertrag mit um 6,5 Prozent erhöhten Bezügen. Das am Wochenende vom Arbeitgeber Deutsche Flugsicherung (DFS) vorgelegte Angebot lehnt die GdF als unverhandelbar ab. Es bedeute bei der aktuellen Inflationsrate mit etwa zwei Prozent Gehaltserhöhung im ersten und 2,1 Prozent im zweiten Jahr einen Reallohnverlust, so die Gewerkschaft gestern.

Dies wäre der erste Streik der Fluglotsen. Zwar solidarisierten sich 2009 die Lotsen am Tower in Stuttgart durch Arbeitsniederlegung mit ihren Kollegen vom Vorfeld, denen ein Stellenabbau drohte. Aber der Konflikt war regional begrenzt. Harte Auseinandersetzungen gab es hingegen zu Beginn der 70er-Jahre, als die verbeamteten deutschen Fluglotsen ihre karge Besoldung mit den Einkünften der Kollegen in den USA verglichen. Sie machten Bummelstreik, also Dienst nach Vorschrift.

"Ein Streik ausgerechnet in den Sommerferien ist heftig", sagte Luftfahrtexperte Cord Schellenberg dem Abendblatt. Er rät betroffenen Passagieren, für den Donnerstagvormittag geplante Reisen um einige Stunden oder auf den nächsten Tag zu verschieben. Denn erfahrungsgemäß dauert es auch nach Streikende noch einige Stunden, ehe sich der Flugverkehr wieder normalisiert. "Die Fluggesellschaften müssen in einem solchen Fall kostenlos umbuchen", so Schellenberg.

Wer auf sogenannten Sonnenrouten in den Süden fliegen will, sollte sich auf einen Tag Verspätung einstellen, da zuvor vermutlich zu viele Urlaubsflieger auf dem Boden geblieben sind. "Die Reiseveranstalter müssen sich um ihre Kunden kümmern", so der Experte. Anders sieht es bei frei gebuchten Flügen aus. Die Airline müsse den Kunden zwar zu seinem Ziel bringen, aber die Garantie, dass dies noch am selben Tag geschieht, gebe es bei höherer Gewalt nicht. "Wer ein Hotel gebucht hat, muss auf die Kulanz des Betreibers hoffen."

Die DFS will den Streik nun gerichtlich über eine einstweilige Verfügung verbieten lassen, weil die Gewerkschaft rechtlich unzulässige Forderungen an die Flugsicherung gestellt habe. "Die GdF will zum Beispiel erreichen, dass Beförderungen künftig nach dem Senioritätsprinzip vorgenommen werden. Und das ist juristisch nicht haltbar. Zudem will sie erzwingen, dass ehemalige Fluglotsen, die jetzt an einer anderen Stelle beschäftigt sind, weiterhin ihre Lizenz behalten und damit auch die Vergütung." Das Gehalt der Lotsen beläuft sich schon jetzt im Schnitt auf 10 000 Euro pro Monat.

Die Gewerkschaft hingegen gibt sich streikbereit. Sie beziffert ihren Organisationsgrad unter den rund 1900 DFS-Fluglotsen auf weit über 80 Prozent. Auch in den anderen Berufsgruppen für den unmittelbaren operativen Betrieb - Techniker und Flugdatenverarbeiter - sehe es ähnlich aus.

Ein Arbeitskampf könnte den Fluggesellschaften und den Flughäfen schnell Millionenverluste einbringen, die Ralph Beisel vom Flughafenverband ADV bereits mit denen aus der Aschewolke von Island verglichen hat. Von einem Generalstreik würde zudem das gesamte europäische Luftverkehrssystem beeinträchtigt. Immerhin handelt es sich in Deutschland um rund 10 000 Flugbewegungen pro Tag (Starts, Landungen, Überflieger).

Vor allem wenn die Hauptzentrale in Langen bei Frankfurt bestreikt wird, die nicht nur den hessischen Großflughafen überwacht, sondern auch einen großen Teil des süddeutschen Luftraums, könnte das Chaos groß sein und auf Nachbarländer übergreifen.

Eine Arbeitsniederlegung ausschließlich auf dem Hamburger Flughafen hätte hingegen nur regionale Folgen. Starts und Landungen wären zwar nicht mehr möglich. Aber ansonsten würde der norddeutsche Flugverkehr nicht gestört, da die Überwachung des Luftraums in der Region nicht von der Hansestadt aus geregelt wird, sondern vom Flughafen in Bremen. In Hamburg gibt es nur einen Tower. Rund 40 Fluglotsen haben die Aufgabe, abfliegende und ankommende Maschinen auf die richtige Start- oder Landebahn zu dirigieren. Das geht meist per Blick aus dem Towerfenster. "Wenn dies nicht reicht, steht ein Fernglas für den Fluglotsen bereit", sagte eine DFS-Sprecherin dem Abendblatt. Hamburg sei ein sogenannter Dark Tower, also ein schwarzer Kontrollpunkt, der mit wenig Radartechnik ausgestattet ist.