Aufsichtsratschef Clemens Börsig will 2012 den Platz für Josef Ackermann frei machen. Eine Entscheidung fällt diese Woche.

Frankfurt/Main. Mit viel Spannung wird seit Wochen das Finale um die Macht in der Deutschen Bank erwartet, wenn heute und morgen die Mitglieder des Aufsichtsrats der Deutschen Bank zusammenkommen. Allerdings sind die entscheidenden Fragen seit Tagen weitgehend geklärt, wie "Die Welt" aus Bankkreisen erfuhr: Josef Ackermann wird demnach ab Ende Mai 2012 Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Bank werden.

Der amtierende Aufsichtsratschef Clemens Börsig wird ein Jahr vor Ablauf seines Mandats den Posten freiwillig räumen, um so den Weg für die von ihm ins Spiel gebrachte Doppelspitze frei zu machen. Der dreiköpfige Nominierungsausschuss des Aufsichtsrats hatte wiederum vor zwei Wochen Jürgen Fitschen und Anshu Jain als künftige Doppelspitze vorgeschlagen.

Der Aufsichtsrat muss den Entscheidungen allerdings noch zustimmen. Heute kommen verschiedene Ausschüsse der Bank zusammen, allen voran zunächst der Präsidialausschuss. Das vierköpfige Gremium, in dem auch zwei Arbeitnehmervertreter sitzen, hat nach Informationen der "Welt" jedoch noch keine formelle Entscheidung über den Vorschlag des Nominierungskomitees getroffen, Fitschen und Jain als Doppelspitze zu nominieren.

Wenn es nicht doch zu einer unerwarteten Kehrtwende kommt - was in diesen Tagen in der Deutschen Bank nicht mehr ausgeschlossen werden kann - sollten die Entscheidungen bis heute Abend, spätestens aber am Dienstag klar sein. Sowohl auf der Anteilseigner- als auch auf der Arbeitnehmerseite wurden in den vergangenen Wochen intensive Diskussionen geführt. Mehrere Mitglieder des Aufsichtsrats, allen voran Arbeitnehmervertreter, hatten einen Verbleib Ackermanns in der Bank gefordert, dessen Vertrag als Vorstandschef noch bis 2013 läuft. Von einem Wechsel ins Kontrollgremium erhoffen sie sich Sicherheit und Kontinuität: Da viele den Chef-Investmentbanker Jain bislang nicht kennen, befürchten sie, dass sich die Machtbalance weiter ins Ausland und hin zum Investmentbanking verlagern könnte.

Auch die Tatsache, dass mit Fitschen der Deutschland-Chef gemeinsam mit Jain die Bank führen würde, beruhigte einige Arbeitnehmervertreter offenbar nicht, da Fitschen im September 63 Jahre alt wird. Ihnen ist damit zu unklar, wie die Aufstellung in der Führungsetage aussieht, wenn der Unternehmensexperte in einigen Jahren abtritt. Indem Aufsichtsratschef Börsig, der gerade auf der Arbeitnehmerbank keinen großen Rückhalt genießt, nun seinen Rückzug anbietet, dürfte eine Kampfabstimmung im Aufsichtsrat abgewendet sein.

Dem Vernehmen nach hat Börsig die Entscheidung zum Rücktritt allerdings nicht erst in den vergangenen Tagen aufgrund des Drucks der Arbeitnehmervertreter getroffen, sondern bereits in der vorvergangenen Woche. Dem Aufsichtsratschef, der zunächst keinen Anlass dafür sah abzutreten, war offenbar frühzeitig klar, dass er einen Eklat riskiert, wenn er sich nicht opfert. Bereits im Frühjahr 2009 hatten die Arbeitnehmervertreter maßgeblichen Anteil daran, dass Börsig, schon damals Chefkontrolleur, nicht für Ackermann als Vorstandschef einspringen durfte. Der Schweizer hatte damals kurzfristig zurücktreten wollen. Da es für Börsig aber keine Mehrheit im Aufsichtsrat gab, bat das Gremium Ackermann, seinen Vertrag um drei Jahre bis 2013 zu verlängern.

Diese Laufzeit hat die Position des Vorstandschefs im Machtkampf in den vergangenen vier Wochen zusätzlich gestärkt: Der Schweizer hätte die Erfüllung seines Vertrags einfordern und sich so einem schnellen Wechsel an der Spitze entgegenstellen können. Eine vorzeitige Entlassung hingegen wäre angesichts des Rückhalts, den Ackermann in dem Gremium genießt, undenkbar gewesen. Im schlimmsten Fall hätte eine Pattsituation entstehen können, die großen Schaden für die Bank und alle Beteiligten bedeutet hätte.

Sollte es nun zu dem vereinbarten Wechsel kommen, wird Ackermann voraussichtlich bis zur Hauptversammlung 2012 im Amt bleiben. "Er wird die Bühne der Hauptversammlung 2012 noch für sich als scheidenden Vorstandschef nutzen wollen", heißt es in Bankkreisen. Ackermann hat für das laufende Geschäftsjahr ein operatives Gewinnziel von zehn Milliarden Euro vor Steuern angekündigt. Das Aktiengesetz verbietet eigentlich den direkten Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsrat. Lediglich ein Schlupfloch hat die Bundesregierung 2009 mit Blick auf den schwierigen Generationenwechsel in familiengeführten Unternehmen gelassen: Wenn ein Vorstand von einem Quorum von 25 Prozent der Stimmrechte als Kandidat nominiert wird, darf er sich auf der Hauptversammlung zur Wahl stellen.

Diese Hürde gilt gerade in Unternehmen, die wie die Deutsche Bank keinen Großaktionär haben, als schwer zu überwinden. Ackermann müsste rund 15 der größten Aktionäre der Bank überzeugen, was ihm aufgrund seiner guten Kontakte auf höchster Ebene in der globalen Finanzwelt allerdings nicht allzu schwerfallen sollte. Gerade in der angelsächsischen Welt wird der Wechsel allerdings kritisch gesehen. Hans-Christoph Hirt von Hermes Equity äußerte kürzlich "erhebliche Zweifel". Der neue Vorstandschef werde es so nur schwerhaben, "eigenes Profil zu entwickeln und, wenn notwendig, Veränderungen vorzunehmen".