Hamburger Ketten müssen sich gegen neue Konkurrenten durchsetzen. Anbieter suchen Standorte in Buchhandlungen und Krankenhäusern.

Hamburg. Touristen schlürfen einen eiskalten Latte, Espressomaschinen zischen und der Duft von frisch gemahlenen Bohnen hängt im Raum: Am Großen Grasbrook in der HafenCity ist die Welt der Coffeeshops noch in Ordnung. Die Filiale der Campus Suite ist der jüngste Zuwachs im kleinen Kaffeebarimperium der beiden Brüder Frank und Leonhard Stebisch.

Zu den bislang elf Filialen in der Hansestadt sollen in diesem Jahr noch drei weitere hinzukommen. Ein Geschäft eröffnet im August vorübergehend im Museum für Kunst und Gewerbe, im September geht ein weiterer Coffeeshop in der Steinstraße an den Start. Geplant ist zudem eine Filiale in unmittelbarer Nähe der Binnenalster.

"Die moderne Gesellschaft hat dazu geführt, dass Millionen Deutsche ihren auf Espresso basierenden Kaffee täglich außer Haus genießen", sagt die Sprecherin des Hamburger Unternehmens, Wiebke Bäuch. Eine Sättigung des Marktes sei bislang nicht in Sicht. In diesem Jahr erwarte die Firma, die in Deutschland und Österreich über insgesamt 23 Geschäfte verfügt, einen Umsatz von 13 Millionen Euro - drei Millionen mehr als im Vorjahr.

Mit dieser sehr positiven Einschätzung steht Campus Suite in der Branche allerdings ziemlich alleine da. Die großen Marktführer McCafé, Tchibo und Starbucks haben ihr Expansionstempo im Vergleich zu den Vorjahren deutlich gedrosselt. Um 6,3 Prozent auf fast 2100 Kaffeebars wuchs die Branche noch im vergangenen Jahr. "Coffeeshops zählen zwar noch immer zu den wachstumsstärksten Bereichen in der Gastronomie, doch die teils zweistelligen Zuwachsraten aus dem vergangenen Jahrzehnt werden mittlerweile nicht mehr erreicht" sagt Branchenkennerin Gretel Weiß, Herausgeberin des Fachmagazins "food-service".

Zu schaffen machen den Coffeeshops vor allem die immer neuen, branchenfremden Konkurrenten. Konnte Ende der 90er-Jahre kaum jemand den Begriff Latte macchiato korrekt aussprechen, so gibt es das Kaffeemixgetränk heute bei nahezu jedem Bäcker, an der Tankstelle und sogar an der Döner-Bude. "Vor einigen Jahren hat sich kaum jemand vorstellen können, dass Krankenhäuser ein wichtiger Standort für Kaffeebars sein könnten", sagt Branchenexpertin Weiß. Mittlerweile führe die Firma Kanne dieses Geschäft mit mehr als 50 Läden an.

Für die klassischen Coffeeshops wie Campus Suite bedeutet diese Entwicklung, dass sie sich mit besonderen Angeboten von der Konkurrenz absetzen müssen. So setzt das Hamburger Unternehmen neben Kaffeespezialitäten auf Snacks und kleine Mittagsgerichte, die mittlerweile 60 Prozent des Gesamtumsatzes ausmachen. Zudem versucht die Firma mit niedrigen Preisen zu punkten, die etwa bei der Hälfte von denen bei Starbucks liegen.

Andere Anbieter wappnen sich mit Fusionen gegen die immer härtere Konkurrenz in der Branche. Für großes Aufsehen sorgte in der vergangenen Woche der Zusammenschluss der Hamburger Ketten Balzac und World Coffee, die nun gemeinsam auf 57 Kaffeebars kommen. "Das neue, gemeinsame Unternehmen hat jetzt eine Größe und eine Marktposition, die eine gute Ausgangsbasis für die weitere Entwicklung bieten", sagte Balzac-Gründerin Vanessa Kullmann. Die Kette will sich unter einem gemeinsamen Label nicht nur auf Kaffeebars in Einzelhandelslagen und in Shoppingcentern konzentrieren, sondern setzt darüber hinaus auch auf Standorte in Buchhandlungen.

"Wir werden in der Zukunft weitere Zusammenschlüsse sehen, weil die kleineren Anbieter an Größe gewinnen müssen", sagt Gretel Weiß. Mit mehr als 50 Geschäften sei es möglich, bessere Konditionen mit den Rohstofflieferanten auszuhandeln und auch beim Marketing und bei der Standortsuche mehr Möglichkeiten zu nutzen.

Erst vor wenigen Wochen hatte die Münchner Kette Coffee Fellows 25 Kaffeebars der Marke Coffeeshop Company in Nord- und Ostdeutschland übernommen. "Der Zukauf ist Teil unserer Expansionsstrategie Richtung Norden", sagt eine Unternehmenssprecherin. In Hamburg ist Coffee Fellows seit Beginn dieses Jahres mit einer Kaffeebar im Hauptbahnhof vertreten. "Wir sind auf der Suche nach weiteren Standorten in der Hansestadt, allerdings ist es schwierig, noch wirklich gute Plätze zu finden", so die Sprecherin.

Tatsächlich weist das Branchenbuch auf der Internetseite hamburg.de derzeit 67 klassische Coffeeshops in der Hansestadt aus, wobei hier die McCafés und Tchibo-Kaffeebars noch gar nicht enthalten sind. Eine Statistik der Handelskammer Hamburg kommt gar auf 325 Geschäfte, unterscheidet allerdings nicht zwischen klassischen Cafés und Coffeeshops.

Marktführer McDonald's hat im vergangenen Jahr drei neue McCafés in der Hansestadt aufgemacht, in diesem Jahr soll lediglich eine neue Kaffeebar am neu gestalteten Bergedorfer Bahnhof hinzukommen. Bundesweit plant der Branchenprimus, der in Deutschland rund 740 Kaffeebars betreibt, 20 zusätzliche Geschäfte. Dabei handelt es sich überwiegend um Shop-in-Shop-Konzepte, die an die McDonald's-Restaurants angegliedert sind.

Für die US-Kette Starbucks ist Hamburg mit zwölf Coffeeshops der drittwichtigste deutsche Standort nach Berlin und Frankfurt. "Wir werden auch im Norden weiterwachsen", sagt eine Unternehmenssprecherin, will sich zu konkreten Projekten aber nicht äußern. Zuletzt hatte die mit rund 17 000 Filialen weltgrößte Kette im September vergangenen Jahres ihr Hamburger Netz um zwei Kaffeebars im Elbe-Einkaufszentrum und in der Hamburger Straße erweitert.

Stärker als auf neue Bars setzt der Platzhirsch derzeit auf den Verkauf von Kaffeeprodukten im Supermarkt. "Damit erreichen wir auch Konsumenten und Regionen, in denen es bislang noch keine Coffeehouses gibt", betont die Sprecherin. Zudem soll in Deutschland schon bald der erste Starbucks Drive-Thru eröffnen. Hier können Kaffeesüchtige ihren Latte oder Cappuccino direkt vom Fahrzeug aus ordern - auch ein Weg, um der wachsenden Konkurrenz von Tankstellen und Autobahnraststätten zu begegnen.