Aufsichtsrat stimmt Dienstag über mögliche Doppelspitze ab

Frankfurt. In wenigen Tagen klärt sich die derzeit spannendste Führungsfrage in der deutschen Wirtschaft: Wer wird nächster Chef der Deutschen Bank? Showdown ist am Dienstag, wenn der Aufsichtsrat des größten deutschen Geldhauses nach jahrelanger Suche eine Entscheidung treffen dürfte. Die wahrscheinlichste Lösung für die Nachfolge von Josef Ackermann ist eine Doppelspitze mit dem Top-Investmentbanker Anshu Jain und Deutschland-Chef Jürgen Fitschen. Doch in trockenen Tüchern ist das noch nicht, wie es aus dem Kontrollgremium heißt.

Speziell auf der Arbeitnehmerseite fordern einige ein stärkeres Gegengewicht in der Führung zum riskanten Kapitalmarktgeschäft. "Es wird noch ein paar Einzelgespräche geben", sagt ein Aufsichtsrat.

Das Tandem Jain/Fitschen ist die Wunschkombination von Aufsichtsratschef Clemens Börsig. Der gebürtige Inder Jain ist gesetzt, da sein Bereich mehr als 80 Prozent zum Konzerngewinn beiträgt. Die Bank will nicht riskieren, dass der 48-Jährige zur Konkurrenz geht. Ihm fehlen allerdings die Drähte ins politische Berlin. Zudem ist der 100-prozentige Investmentbanker als alleiniger Chef in Deutschland kaum vermittelbar.

Daher soll der politisch gut verdrahtete und erfahrene Bankmanager Fitschen diese Schwächen kompensieren. Aufgrund des Alters des Niedersachsen von bald 63 Jahren erwarten Investoren aber, dass Jain in ein paar Jahren allein an der Spitze steht.

Das aber ist für viele in der Bank nur schwer vorstellbar. Sie hoffen darauf, dass Ackermann 2012 in den Aufsichtsrat wechselt, um die Außendarstellung des Instituts zu übernehmen. Zudem könnte er als Chefkontrolleur sicherstellen, dass die Bank ihr zweites Standbein Privatkundengeschäft nicht vernachlässigt. Ackermann will dessen Ergebnisanteil auf 40 bis 50 Prozent ausbauen.

Aufsichtsrätin Marlehn Thieme hatte einen solchen Wechsel zuletzt öffentlich ins Spiel gebracht. Ackermann habe sich dazu nicht definitiv ablehnend geäußert, sagte sie. Öffentlich hat der Schweizer in der Vergangenheit einen Wechsel in den Aufsichtsrat immer abgelehnt. Insider rechnen aber damit, dass er sich nicht verweigert, würde er gebeten. Nach deutschem Aktienrecht ist ein solcher Schritt nur mit mindestens 25-prozentiger Unterstützung auf der Hauptversammlung möglich.

Völlig offen ist indes noch, ob Börsig seinen Posten räumen würde. Für einen vorzeitigen Abgang des Aufsichtsratschefs gibt es Kreisen zufolge bislang keine Anzeichen. Börsig hatte 2009 keinen mehrheitsfähigen Kandidaten für die Nachfolge Ackermanns präsentieren können - auch er selbst fiel im Kontrollgremium durch. Daraufhin wurde Ackermanns Vertrag bis 2013 verlängert. Das Verhältnis der beiden Spitzenbanker gilt als angespannt.

Dieses Mal wollte Ackermann eigentlich Ex-Bundesbank-Chef Axel Weber zur Deutschen Bank holen, aber Börsig war nicht überzeugt davon. Weber entschied sich daher für die Schweizer UBS. Das brachte Tempo in die Nachfolgedebatte, wie Aufsichtsräte bestätigen. "Wenn es am Dienstag keine Einigung gibt, wäre das schon ein Armutszeugnis", sagt eine Person, die mit den Gesprächen vertraut ist. Am gleichen Tag legt das Institut auch seine Quartalszahlen vor. Experten erwarten vor Steuern knapp zwei Milliarden Euro Gewinn.