Greenpeace Energy will Strom umwandeln und speicherbar machen. Bereits 700 Kunden für das neue Windgas

Hamburg. Es wäre ein Meilenstein für die Energiewende. Windkraft soll ab 2021 einen großen Teil des Strombedarfs in Deutschland decken. Doch noch gibt es viele ungelöste Probleme. So lässt sich Strom heute noch nicht speichern. Diverse Forscherteams arbeiten bereits an einer Lösung. Ganz vorn dabei ist der Hamburger Ökostromanbieter Greenpeace Energy. "Wir werden überschüssigen Windstrom, der nicht ins Netz aufgenommen werden kann, in Gas umwandeln", sagte Robert Werner, Vorstand des Versorgers. Es wäre ein wichtiger Fortschritt, um die Stromversorgung in Deutschland nach dem für 2021 beschlossenen Atomausstieg zu sichern.

Das Gas könne ins öffentliche Netz abgegeben und von dort aus zur Wärmenutzung in Häusern oder Gewerbebauten verbraucht werden. Oder es kann ein Gaskraftwerk befeuern, das wiederum Strom erzeugt und so den Kreislauf schließt. Greenpeace Energy plant, den überschüssigen Strom direkt am Windpark einzufangen. Dort wird ein chemischer Prozess gestartet: Strom spaltet über das Verfahren einer Elektrolyse Wasser in seine Grundstoffe Wasserstoff und Sauerstoff. Damit wird aus dem Strom Gas (Wasserstoff). Dieser kann direkt ins Gasnetz eingespeichert werden. Oder er wird mit Kohlendioxid (CO2) angereichert, damit speicherbares Methangas entsteht.

Die Zeit drängt. Weil die Stromnetze nicht unendlich aufnahmebereit sind, gingen allein in Schleswig-Holstein und Niedersachsen im vergangenen Jahr 100 Gigawatt Windstrom wegen Netzverstopfung verloren. "Damit wurde eine Menge verschwendet, mit der man rund 30 000 Haushalte hätte versorgen können", sagt Werner.

"Wir betreiben bereits sechs Windparks in Norddeutschland, ein siebter ist in Bau", so Werner. Jetzt werde nach einem idealen Standort auf einem der Parks gesucht. Furcht, die neue Elektrolyseanlage werde von der zuständigen Kommune nicht genehmigt, hat Werner nicht. "Die Anlage ist in etwa nur so groß wie eine Doppelgarage. Zudem sind bereits in vielen deutschen Unternehmen zahlreiche Projekte zur Erzeugung von Wasserstoff durch eine Elektrolyse in Betrieb."

Die Technik ist erprobt, die Infrastruktur vorhanden. Von Vorteil wäre es laut Werner, wenn der Windpark nahe einer großen Gasleitung liegt. Dann könne das Windgas schnell in die Ferngasleitung kommen. Strom aus der Offshore-Förderung könne bei der Anlandung bearbeitet werden.

Doch es geht auch anders: Im Hunsrück nahe der Gemeinde Morbach testet die Firma Juwi Holding bereits auf einer kleinen Windkraftanlage seit März, wie Strom in Gas umgewandelt wird. Das System funktioniert, das Gas wird in herkömmlichen Gasflaschen gespeichert. Die Verwendung von Erdgas aus Ökostrom ist vielfältig. "Damit verbindet die Technologie die Märkte für Strom, Wärme und Mobilität miteinander", sagt Michael Specht, Leiter der Abteilung Regenerative Energieträger und Verfahren am Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung Baden-Württemberg (ZSW).

Werner will drei Millionen Euro in die Anlage investieren. Dazu kommt Greenpeace Energy jetzt erstmals mit einem Erdgasangebot bundesweit auf den Markt. Der Grundpreis für den Tarif "proWindgas" beträgt 14,90 Euro im Monat, die Kilowattstunde 6,75 Cent. Der Preis ist hoch. Der Hamburger Anbieter Vattenfall verlangt derzeit 4,87 Cent je Kilowattstunde bei 13,50 Euro Grundgebühr. "Der Arbeitspreis erhält einen Aufschlag, der von uns dazu verwendet wird, die notwendige Wasserstoffproduktion aufzubauen", sagt Werner. "Zudem gibt es bei uns eine Preisgarantie bis zum 30. September 2012." Die Kosten schrecken offenbar nicht. "Obwohl wir mit unserem Angebot noch nicht in die Werbung gegangen sind, haben wir bereits 700 Kunden", sagt Werner. Zum Jahresende sollen es mehr als 1000 sein.

Das Windgas kann auch für den Betrieb von Blockheizkraftwerken (BHKW) genutzt werden, die neben Wärme auch Strom produzieren. Strom, der selbst nicht verbraucht wird, wird vergütet und geht ans öffentliche Stromnetz. "In diesem Jahr kommt eine Reihe von kleinen Blockheizkraftwerken auf den Markt, die sich auch für Ein- und Zweifamilienhäuser lohnen", sagt Werner. Im Privatkundenbereich sei diese Technologie noch nicht weit verbreitet. Dabei wird bei der Erzeugung von Strom und Wärme in den Anlagen 40 Prozent weniger CO2 emittiert als bei konventionellen Kohlekraftwerken. Weil ein BHKW mit einem Wirkungsgrad von bis zu 90 Prozent effizienter sei als große Kohlekraftwerke, will die genossenschaftlich organisierte Firma die Verbreitung der Anlagen forcieren. Die Mitglieder der Genossenschaft werden bei Interesse für ein BHKW von Greenpeace Energy kostenlos begleitet, sagt Werner.