Juristische Querelen führen zu Vorstandswechsel. Ex-Karstadt-Chef soll Nachfolger werden

Hamburg. Die letzten Tage waren nicht gerade leicht für Ulrich Marseille. Gerade einmal drei Wochen ist es her, dass der Chef der Hamburger Marseille Kliniken wegen Bestechung einer Gutachterin einer Krankenkasse in letzter Instanz zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt wurde. Danach mehrten sich die Stimmen unter Aktionärsvertretern und in der Öffentlichkeit, dass sich der Firmengründer zunehmend zu einer Belastung für sein eigenes Unternehmen entwickle.

Gestern nun zog Marseille die Konsequenzen aus den Vorgängen. Zum 31. August legt der Gründer und Hauptaktionär seinen Posten als Chef des börsennotierten Krankenhausbetreibers nieder. "Ich brauche jetzt mehr Freiräume und vor allem mehr Zeit, um mich stärker mit der juristischen Kampagne gegen mich auseinanderzusetzen, die seit 13 Jahren andauert und in jüngster Vergangenheit leider auch das Unternehmen belastet hat", erklärte Marseille in einer Firmenmitteilung.

Künftig soll der ehemalige Karstadt-Chef Stefan Herzberg, 46, den Klinikkonzern leiten. Im Unternehmen hatte er sich seit Februar als stellvertretender Vorstandschef im Führungsgremium um die Ressorts Pflege und Marketing gekümmert. Er sei seit einem halben Jahr mit dem Unternehmen vertraut, erklärte Herzberg. "Die Bettenbelegung steigt kontinuierlich an und die im vergangenen Jahr von Herrn Marseille ergriffenen Maßnahmen zeigen ihre positive Wirkung."

Die zuletzt veröffentlichten Geschäftszahlen des Klinikbetreibers zeigen allerdings, dass das Geschäft alles andere als optimal läuft. So wies das Unternehmen im dritten Quartal laut "Wirtschaftswoche" mit 141,6 Millionen Euro einen Konzernumsatz unter Vorjahresniveau aus, das Konzernergebnis wurde mit 0,0 Euro angegeben. Der Aktienkurs des börsennotierten Unternehmens befindet sich schon seit Langem im Fall. Von mehr als 17 Euro im Jahr 2007 sackte der Kurs auf nur noch gut zwei Euro ab. Auf der letzten Hauptversammlung im Januar dieses Jahres hatte Marseille zuletzt den Zorn der Aktionäre zu spüren bekommen. Von einem "anhaltenden Missmanagement" war die Rede, das das Unternehmen in eine "katastrophale Lage" geführt habe.

Zu allem Überfluss bestätigte das Oberlandesgericht Naumburg Ende Juni ein Urteil gegen den Hamburger Klinikbetreiber in letzter Instanz. Marseille war 2010 vom Landgericht Halle wegen Bestechung zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt worden. Das Gericht war überzeugt, dass Marseille einer Mitarbeiterin des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen ein Auto gestellt hatte. Als Gegenleistung soll sie Patienten in seinen Heimen in höhere Pflegestufen eingeordnet haben.

Marseille hatte 1984 sein erstes Pflegeheim eröffnet, das zum Grundstock für die später stark expandierenden Marseille-Kliniken wurde. 1994 wurde Marseille Vorstandsvorsitzender, behielt aber auch nach dem Börsengang 1996 mit 75 Prozent die Mehrheit an dem Unternehmen. 1999 wechselte der Manager in den Aufsichtsrat, kehrte im März 2010 aber nochmals an die Spitze des Unternehmens zurück. Schlagzeilen schrieb Marseille zudem als ehemaliger Spitzenkandidat der Partei Rechtsstaatlicher Offensive - der sogenannten Schill-Partei.