Der Hamburger Wohnungsbedarf ist doppelt so groß wie das Angebot, sagt Matthias Metz, Chef der Schwäbisch Hall im Interview.

Hamburg. Im Zuge der Finanzmarktkrise wächst die Unsicherheit über passende Geldanlagen. Immobilien sehen viele Bürger unverändert als gute Investition. Über die Zukunft des Bausparens und die Entwicklung von Immobilienpreisen sprach das Abendblatt mit dem Vorstandsvorsitzenden der Schwäbisch Hall, Matthias Metz, Deutschlands größter Bausparkasse.

Hamburger Abendblatt: Nachdem die Bausparkasse Schwäbisch Hall im vergangenen Jahr das Neugeschäft um 13 Prozent steigern konnte, zog es im ersten Quartal 2011 sogar um mehr als 40 Prozent an. Wie ist es danach weitergegangen?

Matthias Metz: Wir legen weiter im stark zweistelligen Prozentbereich zu, wenn auch nicht mehr ganz so fulminant. Im ersten Halbjahr dürften wir ein Plus von einem guten Viertel schaffen. Die Triebfeder ist die Verunsicherung vieler Menschen, die sich fragen, wie sich die durch die Notenbanken aufgeblähte Geldmenge künftig auf die Preise und die Zinsen auswirken wird.

Sind diese Sorgen berechtigt?

Metz: Wir gehen von zunehmenden Preissteigerungsraten aus. Ob es ein massiver Schub sein wird oder eine graduelle Entwicklung, ist schwer zu sagen, aber ich denke, man tut gut daran, sich darauf einzustellen. Für die langfristigen Zinsen erwarten wir einen Anstieg um 0,5 Prozentpunkte bis zum Jahresende. Aber die Darlehenszinsen können auch relativ schnell durch die Decke schießen, je nachdem, wie sich die Märkte entwickeln. Das macht unser Angebot so gefragt, denn der Bausparvertrag ist so etwas wie das Zinssicherungsgeschäft des kleinen Mannes.

Müsste nicht die geringe Bautätigkeit Ihr Geschäft bremsen?

Metz: In etlichen Teilen Deutschlands ist die Nachfrage nach Wohnungen tatsächlich größer als das Angebot - und das treibt die Preise hoch. Das gilt ganz besonders auch für Hamburg. Hier müssten anstatt der rund 3000 Wohneinheiten, die jährlich hinzukommen, mindestens 6000 gebaut werden. Geringe Zahlen bei den Fertigstellungen sind für unser Geschäft aber kein Problem, weil etwa 70 Prozent unserer Finanzierungen für Investitionen in den Wohnungsbestand genutzt werden.

Wie wird das Geld eingesetzt?

Metz: Vor allem für die energetische Sanierung, also für die Dämmung oder den Einbau moderner Heizungsanlagen. Mit einem Volumen von im Schnitt 31 000 Euro sind die Bauspardarlehen genau dafür gut geeignet. Aber mehr und mehr werden die Kredite auch dafür genutzt, besehende Immobilien altersgerecht auszustatten. Ich denke, das wird der Zukunftsmarkt sein. Bisher entspricht erst ein Prozent des Wohnungsbestands in Deutschland diesen Anforderungen.

Die Bevölkerung wird nicht nur im Schnitt älter, sie nimmt auch ab. Ist das nicht auf längere Sicht ein Problem für einen Bausparanbieter?

Metz: Zwar nimmt die Einwohnerzahl in Deutschland tendenziell ab, noch bis zum Jahr 2020 oder 2025 steigt die Zahl der Einpersonenhaushalte an. Damit sehen wir einen zunehmenden Bedarf an Wohnraum. Zudem entwickeln sich die einzelnen Regionen sehr unterschiedlich. Was hat ein Ingenieur in Hamburg davon, dass in einer ostdeutschen Kleinstadt eine Wohnung frei wird? Daher werden zumindest in Ballungsräumen wie Hamburg, Köln/Bonn oder um Stuttgart herum die Immobilienpreise weiter steigen.

Bildet sich dort eine Preisblase, so wie zuvor in den USA oder in Spanien?

Metz: Nein, das ist überhaupt nicht vergleichbar. In den USA war der gesamte Konsum zu zwei Dritteln durch die Preissteigerung der Häuser getrieben, weil die Banken ihren Immobiliendarlehenkunden wegen des höheren Werts der Sicherheiten neue Kredite anboten.

Machen Ihnen die Turbulenzen am Finanzmarkt im Hinblick auf die Kapitalanlagen Sorgen?

Metz: Für die Anlage der Kundengelder gibt es sehr enge Leitplanken, wir dürfen praktisch nur mündelsicher anlegen. Zudem tun wir nicht alles, was wir theoretisch dürften. Schwäbisch Hall hat keinen Euro im Ausland investiert. Wir und unsere Kunden haben in der Finanzkrise keinen Cent verloren. Indirekt hat uns die Finanzkrise sogar geholfen. Denn Banken sind aufgrund neuer Bestimmungen nicht mehr gewillt, Kunden mit nur wenig Eigenkapital Kredite zu geben. Bei uns können die Menschen dieses Eigenkapital bilden.

Hat aber nicht das Bausparen gerade bei jüngeren Menschen ein etwas angestaubtes Image?

Metz: Nein. Denn rund ein Drittel unserer Neukunden sind 24 Jahre oder jünger. Und was das Image angeht: Wir spüren seit der Finanzkrise ein komplettes Umdenken. Selbst die Amerikaner interessieren sich dafür, wie das deutsche Ansparsystem funktioniert. Aber auch in Deutschland könnten sich neue Anwendungsfelder ergeben. So überlegt Bildungsministerin Annette Schavan, ob das Prinzip des Bausparens nicht auch für Studien- oder Bildungskredite sinnvoll wäre. Denn wir vergeuden die Zeit bis zum 18. Lebensjahr für die Vorsorge dafür. Man sieht: Unser Modell ist sehr einfach und moderner denn je.

Schwäbisch Hall hat 6,7 Millionen Kunden in Deutschland. Was aber tut ein Bausparunternehmen aus Schwaben in China?

Metz: Wir hatten im Jahr 2004 die Gelegenheit zu einem Engagement, und die haben wir genutzt. Wir sind mit 24,9 Prozent an einem Gemeinschaftsunternehmen mit einer chinesischen Großbank beteiligt, das in Tianjin nahe Peking aktiv ist. Gerade haben wir kumuliert die schwarzen Zahlen erreicht - und wir haben eine zweite Lizenz für eine Region mit 30 Millionen Einwohnern erhalten. Es geht dabei immer um das Marktsegment der auch für breitere Kreise erschwinglichen Wohnungen.

Müssen Sie da nicht sehr viel Geduld aufbringen, bevor sich ein Erfolg einstellt?

Metz: Unser gesamtes Geschäftsmodell und unser Handeln sind auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. In Ungarn haben wir sieben Jahre lang rote Zahlen geschrieben, heute haben wir dort einen Marktanteil von knapp zwei Dritteln. Außerdem sind unsere Maßstäbe bei den Erträgen bescheidener als in manchen börsennotierten Banken. Wir erzielen Eigenkapitalrenditen zwischen zwölf und 14 Prozent und sind damit sehr zufrieden.