Zweiter Stresstest für Branche belegt: Jeder zehnte Versicherer fällt durch. Im Krisenfall wären 4,4 Milliarden Euro frisches Kapital nötig

Frankfurt. Jeder zehnte Versicherer in Europa bekäme bei einer schweren Krise ernsthafte Probleme mit den künftigen Kapitalvorschriften. Dies geht aus dem zweiten Stresstest für die Branche hervor, den die europäische Versicherungsaufsicht Eiopa vorgestellt hat. Ergebnisse einzelner Versicherer wollte sie nicht nennen.

Stark sinkende Zinsen, fallende Aktienkurse, ein plötzlicher Verfall der Immobilienwerte und hohe Katastrophenschäden würden 13 der untersuchten 129 Konzerne und Unternehmen unter die Mindestkapitalschwelle drücken, die voraussichtlich vom Jahr 2013 an mit dem Regelwerk "Solvency II" eingeführt werden soll. Den 13 im Stresstest durchgefallenen Versicherern fehlten im schlimmsten angenommenen Krisenfall insgesamt 4,4 Milliarden Euro, sagte Eiopa-Präsident Gabriel Bernardino.

Dies sei eine vergleichsweise geringe Summe: Zu Beginn des Tests hatten alle geprüften 129 Versicherer ein Überschusskapital von zusammen 425 Milliarden Euro vorzuweisen. An dem freiwilligen Test hatten sich - gemessen am Marktanteil - rund 60 Prozent der Branche in der EU, der Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein beteiligt. Insgesamt stehe die Assekuranz angesichts der im schwersten Szenario des Tests angenommenen Risiken robust da, erklärte Bernardino. Sie verfüge über einen guten Puffer für den Krisenfall. Nicht untersucht wurde allerdings, wie sich ein Schuldenschnitt oder gar eine Staatspleite in Griechenland auf die Versicherer auswirken würden.

Laut einer anderen Studie könnten deutsche Lebensversicherer allerdings auch ohne Krise Kapitalprobleme bekommen. Unter den "Solvency II"-Regeln falle die Solvenzquote von jedem vierten deutschen Lebensversicherer unter die kritische 100-Prozent-Marke, heißt es in einer Untersuchung der Unternehmensberatungen Bain & Company und Towers Watson. Die wesentliche Ursache für dieses schwache Ergebnis sei der hohe Anteil von Rentenversicherungen mit langen Laufzeiten im Vergleich zu anderen Ländern.

Der deutsche Versicherungsverband GDV rechnet hingegen mit keinem großen Kapitalbedarf für die Branche. So habe die EU-Kommission erkannt, dass die Regeln für langfristige Zinsgarantien in der Lebensversicherung anders gefasst werden müssten als zunächst geplant. An konkreten Vorschlägen werde derzeit gearbeitet. Im Zuge von "Solvency II" müssen Versicherer langfristige Garantieversprechen an ihre Kunden mit mehr Kapital unterlegen als bislang.