Finanzexperten geht die Beteiligung der Geldhäuser nicht weit genug. Auch Politiker zeigten sich unzufrieden und übten Kritik.

Hamburg. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte die Messlatte hochgelegt: "Substanziell" müssten sich private Investoren an der Rettung Griechenlands vor der Pleite beteiligen. Doch das Modell, das er am Donnerstag zusammen mit dem Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann präsentierte, bleibt nach Ansicht von Experten weit hinter den zuvor geweckten Erwartungen zurück. "Wenn man den Betrag sieht, ist das eher eine symbolische Handlung", sagte Martin Faust, Professor für Bankbetriebslehre an der Frankfurt School of Finance and Management, dem Abendblatt.

Deutsche Banken und Versicherer sollen sich mit insgesamt 3,2 Milliarden Euro beteiligen. Doch 1,2 Milliarden Euro davon steuern die staatlichen Abwicklungsbanken (Bad Banks) von Instituten wie der Hypo Real Estate und der WestLB bei. Dabei halten die deutschen Finanzkonzerne insgesamt griechische Staatsanleihen von etwa zehn Milliarden Euro. Die Gesamtschulden Athens belaufen sich auf 350 Milliarden Euro, allein die Europäische Zentralbank hält inzwischen Papiere im Volumen von rund 45 Milliarden Euro.

Doch die Kritik konzentriert sich nicht allein auf den Umfang des von den Geldhäusern "freiwillig" zugesagten Beitrags, sondern richtet sich vor allem gegen die Konditionen. Gemäß dem in Frankreich entwickelten Modell, das auch als Vorbild für die deutschen Banken dienen soll, investieren diese 70 Prozent des Geldes aus den bis 2014 auslaufenden Griechenland-Anleihen in neue Papiere. Ein kleinerer Teil des neu angelegten Geldes fließt in einen Fonds zur Absicherung, der größere Teil in neue Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 30 Jahren und einer Verzinsung von mindestens 5,5 Prozent.

"Das ist kein Geschenk der Banken", urteilt Hans-Peter Burghof, Leiter des Lehrstuhls für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen an der Universität Hohenheim, angesichts der Bedingungen. "Wir sind meilenweit davon entfernt, dass die Banken ein Opfer bringen. Ohne die massive Unterstützung der EU wäre das Geld komplett verloren", so Burghof.

Faust sieht das ähnlich: "Von einer wirklichen privaten Beteiligung sind wir weit entfernt. Für die Banken ist das eine sehr günstige Lösung." Sie sicherten sich damit das Wohlwollen der Politik. Umgekehrt sei die Vereinbarung für die Regierungen wichtig, um den Steuerzahlern sagen zu können, dass nicht allein sie die Lasten aus dem Griechenland-Hilfspaket schultern müssen.

Allerdings zeigten sich auch Politiker unzufrieden mit dem Modell. So kritisierte der FDP-Finanzexperte Frank Schäffler den Beitrag deutscher Banken und Versicherungen als Placebo: "Das ist reine Symbolpolitik, was da beschlossen wurde", sagte Schäffler der Nachrichtenagentur Reuters. Der CDU-Finanzpolitiker Manfred Kolbe klagte, die gefeierte Beteiligung der Banken falle "mehr als dürftig" aus.

Dass sie nicht stärker herangezogen werden, liegt nach Auffassung von Faust nicht zuletzt an den Rating-Agenturen: Sie hatten klargemacht, dass sie jede nicht völlig freiwillige Belastung der Geldhäuser als Zahlungsverzug Griechenlands werten würden, womit die Staatsanleihen auf einen Schlag praktisch wertlos würden. Doch das sei nicht der einzige Grund, meint der Experte: "Gerade in Frankreich hat man sich sehr schwer damit getan, die Banken überhaupt einzubinden."

Ohnehin trügen die aktuell in Deutschland und Frankreich entwickelten Vereinbarungen mit dem Finanzsektor nicht dazu bei, die Sorgen Athens deutlich zu verringern, sagt Faust: "Das hilft Griechenland nicht weiter, denn die Schulden nehmen dadurch ja nicht ab. Nur die Laufzeit verlängert sich." Eine echte Entlastung Griechenlands hätte darin bestanden, auf 20 oder 30 Prozent der Rückzahlung von Staatsanleihen zu verzichten: "Was fehlt, ist ein drastischer Schnitt."

Stattdessen kann die griechische Regierung schon am heutigen Sonnabend auf die Freigabe einer weiteren Kreditrate hoffen, die das Land vor dem Staatsbankrott bewahrt. Die Euro-Länder hätten sich bereits im Grundsatz darauf verständigt, das Geld nach Athen zu überweisen, wie es in EU-Kreisen hieß. Die endgültige Entscheidung wollen die Euro-Finanzminister am Abend bei einer Telefonkonferenz treffen.

Die Regierung in Athen ist auf die nächste Rate aus den Notkrediten von Euro-Ländern und Internationalem Währungsfonds (IWF) dringend angewiesen. Ohne das Geld wäre das Land Mitte Juli pleite.