Abendblatt-Interview mit dem Chef des Verbandes für Schiffbau, Werner Lundt

Hamburg. Die Verhandlungen über eine Übernahme von Hamburgs Traditionswerft Blohm + Voss durch die arabische Schiffbauholding Abu Dhabi Mar sind gescheitert. Die Gespräche zwischen der Muttergesellschaft ThyssenKrupp und den Arabern wurden eingestellt. Über die Folgen der neuen Situation und die Chancen, einen neuen Käufer für den zivilen Schiffbau zu finden, sprach das Abendblatt mit dem Hauptgeschäftsführer des Verbandes für Schiffbau und Meerestechnik (VSM), Werner Lundt.

Hamburger Abendblatt:

Herr Lundt, hat Sie das Scheitern der Verhandlungen über die Zukunft von Blohm + Voss überrascht?

Werner Lundt:

Nein. Die Verhandlungen haben sich fast zwei Jahre hingezogen. Das ist kein gutes Zeichen in der Industrie. Normal sind in solchen Fällen drei bis zwölf Monate. Dann muss eine Entscheidung fallen. Die politische Lage in Arabien und Nordafrika hat die Gespräche zwischen den Partnern sicherlich zusätzlich erschwert.

Ist eine Wiederaufnahme der Verhandlungen denkbar?

Lundt:

Man sollte nie Nie sagen. Bei einem guten Angebot würde sich ThyssenKrupp wohl nicht verschließen, weil sich der Konzern ja vom Handelsschiffbau trennen will. Die Wahrscheinlichkeit ist aber eher gering. Es gibt schließlich derzeit keinen Boom im Schiffbau, und das gilt auch für die Megayachten. Bei den Aufträgen gab es auch dort zuletzt eine Delle.

Sind nach der Entscheidung Jobs in Hamburg in Gefahr?

Lundt:

Das kann ich mir nicht vorstellen. Schließlich wird sich ja nun zunächst nichts an den Gesellschaftsverhältnissen bei Blohm + Voss verändern. Das Management der Werft muss sich nun selbst um neue Aufträge kümmern. Die Aufgabe eines neuen Gesellschafters ist zudem nicht in erster Linie, selber neue Aufträge für das Unternehmen mitzubringen. Das hätte im Fall von Abu Dhabi Mar die Übernahme positiv abgerundet.

Welche Investoren könnten sich nun für den zivilen Schiffbau von Hamburgs Traditionswerft interessieren? Kommen dafür auch die Chinesen infrage?

Lundt:

Im Prinzip ja. Dort sind die Kassen für solche Zukäufe derzeit gut gefüllt. Daneben kommen Finanzinvestoren infrage, die an Industrieanlagen interessiert sind, und Investoren, die strategisch denken. Wer an die Zukunft des Schiffbaus glaubt, könnte sich mit einem solchen Engagement in eine gute Position bringen.