Der US-Vermittler von Privatunterkünften im Internet, Airbnb, eröffnet ein Büro in Hamburg. Die Kalifornier wollen hier 100 Arbeitsplätze schaffen.

Hamburg. Gunnar Froh verbrachte seine Nächte als Unternehmensberater früher hauptsächlich in Hotels. Es war ein exklusives Leben, sein Arbeitgeber McKinsey spendierte ihm komfortable Zimmer im Hamburger Hyatt oder im Bayerischen Hof in München. "Aber irgendwie war jeder Tag gleich, am Ende der Woche erinnerte ich mich an nichts Besonderes", sagt Gunnar Froh. Inzwischen ist der 28-Jährige Geschäftsführer des US-amerikanischen Pioniers für private Wohnraumvermittlung, Airbnb, und schläft bei Geschäftsreisen nur noch in Privatwohnungen. "Da lerne ich Leute kennen, die mir abends noch die Stadt zeigen oder ein tolles Konzert empfehlen", schwärmt Froh. Der begeisterte Mountainbikefahrer bringt die Idee des Mitwohnens nun aus Kalifornien nach Hamburg: Froh baut ein Büro für die Internetfirma am Rödingsmarkt auf. Bisher hat er 30 Mitarbeiter eingestellt. In den nächsten Monaten soll sein Team auf bis zu 100 Beschäftigte wachsen, in der Hansestadt will das US-Unternehmen seine Deutschland-Zentrale etablieren und später womöglich auch das Europa-Geschäft bündeln.

Froh, Absolvent der renommierten Managementschmiede WHU Koblenz, bringt mit Airbnb ein Geschäftsmodell nach Deutschland, das aus einer typischen Gründerstory im Silicon Valley geboren wurde: Als im Oktober 2007 alle Hotels in San Francisco wegen einer Designerkonferenz ausgebucht sind, blasen Brian Chesky und Joe Gebbia drei Luftmatratzen auf und laden auf einer Website zum "Air Bed and Breakfast" ein (air bed ist die englische Bezeichnung für Luftmatratze). Inzwischen hat die daraus entstandene Plattform Airbnb mehr als 1,6 Millionen Buchungen abgewickelt - längst nicht mehr allein auf der Luftmatratze. Auf der Homepage locken ein zum Haus umgebautes Flugzeug in Costa Rica für 400 US-Dollar, stylische Lofts in New York oder eine Luxusvilla mit Pool in Palm Springs, das ehemalige Wohnhaus von Frank Sinatra. Airbnb bekommt rund zehn Prozent Provision für die Vermittlung. Froh sucht Mitarbeiter, die originelle Unterkünfte werben und den Kundenservice übernehmen.

"In Hamburg suchen wir außerdem dringend ein Hausboot", sagt Froh. Bisher bietet Airbnb 50 Wohnungen zu Preisen von 15 bis 160 Euro die Nacht in der Hansestadt an, aber gerade mit den besonderen Unterkünften will sich Airbnb von anderen Anbietern für Übernachtungsquartiere absetzen. Denn die sind alles andere als verschlafen. Kürzlich startete der Hamburger Qype-Gründer Stefan Uhrenbacher 9flats.com, das ähnlich wie Airbnb funktioniert und von einer Otto-Tochter finanziert wird.

Ein weiterer ernst zu nehmender Wettbewerber von Airbnb ist das Internet-Start-up Wimdu, das in einer Finanzierungsrunde gerade 90 Millionen Euro eingesammelt hat. Das ist immerhin die mit Abstand größte Finanzspritze, die ein junges Internetunternehmen in Deutschland in den vergangenen Jahren erhalten hat. Hinter Wimdu stehen die Samwer-Brüder, die einst das Auktionshaus Alando und später den Klingeltonanbieter Jamba aufgebaut und verkauft haben.

Einige Marktbeobachter sprechen angesichts der Millionenbeträge, die in die jungen Firmen fließen, bereits wieder von einer Internetblase. Andererseits sind die Verdienstmöglichkeiten im Netz heute wesentlich größer als vor zehn Jahren beim Crash der New Economy, da die weltweite Internetgemeinde und damit die Zahl der potenziellen Kunden heute um ein Vielfaches gewachsen ist. Größe ist trotzdem wichtig - jeder will seine Marke in den Köpfen der Verbraucher etablieren, gewissermaßen zum Ebay für Wohnungsvermietung werden. Airbnb wirft den Konkurrenten vor, sein Konzept abgekupfert zu haben. Einig sind sich die Macher der Wohnraumvermittler aber zumindest in einem Punkt: Sie wollen die Art verändern, wie Menschen verreisen. Sollte ihnen das gelingen, könnte ihr Geschäftsmodell den Vertrauensvorschuss der Investoren rechtfertigen: Allein in der EU verbrachten Reisende im vergangenen Jahr rund 1,6 Milliarden Übernachtungen in Mietunterkünften wie Hotels und Apartments.