Einzelhandels-Geschäftsführer Kalkmann fristlos gekündigt. Staatsanwaltschaft ermittelt

Hamburg. Er war 34 Jahre lang das Gesicht des Hamburger Einzelhandels. Er hat den Kontakt zur Presse gepflegt und aus dem Stegreif aktuelle Zahlen zur Situation der Branche in der Stadt präsentiert. Ulf Kalkmann war der bekannteste Vertreter der Fachverbände des Hamburger Einzelhandels, war einer der ersten Mitarbeiter der im Jahr 1977 gegründeten Interessenvertretung. Doch dann im März dieses Jahres war der 62-Jährige plötzlich von der Bildfläche verschwunden. Der Geschäftsführer des Verbands habe sein Amt aufgegeben, hieß es. Sein Arzt habe geraten, er solle beruflich kürzertreten.

Doch das ist nach Abendblatt-Informationen zumindest nicht die ganze Wahrheit. Kalkmann wurde vom Verband im Februar fristlos gekündigt. Vor Gericht klagt er nun gegen seine Entlassung. Über die wahren Gründe hüllen sich Kalkmann und der Verbandsvorsitzende Andreas Bartmann weiter in Schweigen. Doch die Vorwürfe aus den Gerichtsakten lesen sich wie ein Krimi. Die Fachverbände des Hamburger Einzelhandels werfen dem Geschäftsführer Untreue und Abrechnungsbetrug vor. Kalkmann war am Freitag nicht zu erreichen. Er selbst hält diese Beschuldigungen aber für ungerechtfertigt, heißt es. Laut Gerichtsakte sieht er sich als Opfer einer Mobbing-Intrige seines Arbeitgebers. Bartmann sprach auf Anfrage des Abendblatts nur von "unterschiedlichen Auffassungen, einigen Auffälligkeiten, Eigenmächtigkeiten in der Abwicklung" und darüber, dass verschiedene Dinge "nicht mit dem Verbandsvorstand" abgesprochen waren.

Konkreter wird Wolfgang Linnekogel, Erster Geschäftsführer des Verbandes. Er berichtet von einem angeblich versuchten Abrechnungsbetrug. Demnach soll Kalkmann den Versuch unternommen haben, 3000 Euro über eine Tochtergesellschaft des Verbandes für eine Seminartätigkeit einzustreichen. "Tatsächlich aber gehörte dies zu seinen Arbeitsaufgaben", so Linnekogel. Der Verband sei daraufhin alarmiert gewesen und habe Unterlagen aus der Vergangenheit geprüft und eine weitere Unregelmäßigkeit festgestellt. "Daraufhin gab es ein Gespräch mit Herrn Kalkmann über die Auflösung seines Arbeitsvertrags. Dem stimmte er nicht zu." Deswegen kündigte der Verband Kalkmann am 26. Februar. "Trotzdem haben wir einen zweiten Gesprächstermin im April vereinbart", so Linnekogel. Doch auch da kam es zu keiner Einigung. Kalkmann reichte Klage gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber ein. Der Verband erstattete Widerklage, um den betreffenden Betrag einzufordern, den Kalkmann nach Ansicht des Gremiums nicht hätte einstreichen dürfen.

Ein erster Termin vor dem Arbeitsgericht Hamburg verlief ohne Einigung. Allerdings wurde danach die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. "Uns wurde vom Arbeitsgericht ein Vorgang weitergeleitet, bei dem es um den Vorwurf der Untreue geht", bestätigte Staatsanwalt Wilhelm Möllers im Gespräch mit dem Abendblatt. Einen konkreten Namen nennen oder bestätigen wollte er aber nicht. Die Anklagebehörde hat mittlerweile Ermittlungen eingeleitet.