Wegen Tarifstreits erscheinen viele Zeitungen in vermindertem Umfang - auch das Abendblatt

Hamburg. Bei den Tarifverhandlungen in der Druckindustrie zeichnet sich auch morgen für die fünfte Verhandlungsrunde noch keine Einigung ab. "Die Chancen dafür sind verschwindend gering", sagt Ver.di-Sprecherin Cornelia Haß dem Abendblatt.

Der Bundesverband Druck und Medien will in der Auseinandersetzung eine Kostenentlastung für die Branche erreichen. Ein Lohnangebot liegt noch nicht vor. Dagegen fordert die Gewerkschaft rückwirkend von Anfang Mai an eine Lohnerhöhung von 5,5 Prozent. Insgesamt sind von den Verhandlungen 160 000 Beschäftigte betroffen. Wiederholt traten sie in Warnstreiks, sodass viele Zeitungen in vermindertem Umfang erschienen. Auch das Abendblatt ist vom Arbeitskampf betroffen.

"Wir müssen darauf reagieren, dass die Branche in einer strukturellen Krise ist", sagte Arbeitgeberverbandssprecherin Gabi Schermuly-Wunderlich dem Abendblatt. Hintergrund dafür sei vor allem, dass die Druckindustrie Aufträge an die elektronischen Medien verloren habe. Die Folge: In den vergangenen zehn Jahren haben 4000 Betriebe mit mehr als 60 000 Beschäftigten aufgegeben. Zuletzt waren davon in Hamburg auch die Druckerei Broschek und eine weitere Tochter der süddeutschen Schlott-Gruppe betroffen, die Insolvenz anmelden mussten.

Die Arbeitgeber wollen nun durchsetzen, dass in den Betrieben statt bisher 35 künftig bis zu 40 Stunden pro Woche gearbeitet werden kann. Dafür sollen dann nach Absprache mit den Betriebsräten Beschäftigungssicherungen vereinbart werden. Drucker verdienten mit Schichtzulagen bis zu 60 000 Euro im Jahr, das seien Spitzenlöhne, argumentiert der Verband. "Wir halten zudem die im Jahr 2000 festgelegten Regeln für die Besetzung der Druckmaschinen für veraltet und wollen neben den Druckern auch andere Fachkräfte wie Mechatroniker und Elektroniker einsetzen", sagt Verbandssprecherin Schermuly-Wunderlich. Dazu sollen auch die Stundenlöhne für Hilfsarbeiter gesenkt werden. Sie lägen mit zwölf bis 14 Euro ebenfalls bundesweit an der Spitze. Der Verband geht dann davon aus, dass die Firmen in diesem Fall weniger auf Zeitarbeitskräfte zurückgreifen würden.

Ver.di lehnt jedoch alle Eingriffe in den Manteltarifvertrag ab. "Den Strukturwandel in der Industrie erkennen auch wir, verlängerte Arbeitszeiten führen aber nur dazu, dass noch weitere Stellen wegfallen", sagt Ver.di-Sprecherin Haß. Wirtschaftlich sieht der Verhandlungsführer der Gewerkschaft, Frank Werneke, keine Notwendigkeit für diesen Einschnitt. Die Lohnkosten sollten allein gedrückt werden, um die Gewinne zu steigern. Dies sei "nicht akzeptabel", so Werneke. Sollte es morgen keine Annäherung zwischen den beiden Tarifparteien geben, will Ver.di den Druck weiter erhöhen. Im Klartext: Die Streiks in der Branche dürften weitergehen.