Chinesen und VW sollen an GM-Tochter interessiert sein. Betriebsrat spricht im Abendblatt von “Unsinn“, Hamburger Händler von “Spekulation“.

Hamburg. Opel kommt nach dem Wirtschaftskrimi von vor zwei Jahren noch immer nicht zur Ruhe. Gestern herrschte in den Werken Bochum, Rüsselsheim und bei Tausenden Kunden erneut Aufregung um eine neue, dramatische Wende im Fall Opel. Nach Medienberichten soll der Mutterkonzern GM abermals einen Verkauf der Marke mit dem Blitz erwägen. Opel und GM sprechen von Spekulationen, im Hintergrund aber brodelt es bei dem Autobauer mit 25.000 Beschäftigten in Deutschland schon seit Wochen.

Erst am Mittwoch hatte der Betriebsrat im Werk Bochum seine Unterschrift unter einen monatelang verhandelten Vertrag gesetzt, der die Konzernmutter endlich näher an das Ziel bringen könnte, Erfolge im Europageschäft einzufahren.

Dabei drängt die Zeit: Der Chef des GM-Europageschäfts, Nick Reilly, hatte mehrfach verkündet, er wolle Opel noch in diesem Jahr operativ zurück an die Gewinnschwelle führen. Nach den Kosten für die laufende Restrukturierung wird aber noch einmal ein Minus von 500 Millionen Euro erwartet. Nicht nur das: Die Weigerung von 600 Opelanern in Bochum, Abfindungen anzunehmen, das Unternehmen zu verlassen und GM damit den Weg frei zu machen, 8500 Stellen in Europa abzubauen, hatte in den USA zuletzt für wachsenden Unmut gesorgt. "Verhandlungen mit dem Betriebsrat sind für die Amerikaner ein Dorn im Auge, das ist für sie nahe am Sozialismus", umschrieb ein Gewerkschafter die Stimmung beim deutsch-amerikanischen Ringen um Jobs im Gespräch mit dem Abendblatt.

Gerüchte um einen drohenden Verkauf sind in einer solch angespannten Lage naturgemäß bestens geeignet, um die Mitarbeiter unter Druck zu setzen. Wie die "Auto Bild" in ihrer am Freitag erscheinenden Ausgabe schreibt, zweifelt General Motors an der Überlebensfähigkeit von Opel und prüft konkrete Pläne für eine Veräußerung. Das Blatt beruft sich auf nicht näher genannte Quellen in der Detroiter US-Konzernzentrale von GM. Auch der "Spiegel" schreibt über einen Verkauf. Demnach gelten VW und chinesische Autobauer als mögliche Interessenten.

Mehr oder weniger harte Dementi dieser Berichte kamen gestern aus mehreren Quellen: Opel-Chef Karl-Friedrich Stracke sprach von "Gerüchten". "Das ist Unsinn", sagte der Bochumer Opel-Betriebsratschef Rainer Einenkel dem Abendblatt. GM wäre sehr schlecht beraten, Opel abzugeben, schließlich sei dies die einzige funktionierende Marke der Amerikaner in Europa und Keimzelle wichtiger Innovationen, die dem gesamten Konzern zugute kommen. "Ich glaube, dass jemand den Namen Opel absichtlich beschädigen will", sagte Einenkel.

Auch beim Hamburger Autohändler Ernst Dello ist man skeptisch. "Der gute Verkauf spricht gegen solche Spekulationen", sagte gestern Inhaber Kurt Kröger. "Wir haben den Absatz in den ersten fünf Monaten um 50 Prozent gesteigert, und Präsentationen gleich drei neuer Modelle machen uns auch für die Zukunft optimistisch", sagte Kröger, der sich endlich Ruhe an der Front um den Überlebenskampf des Autobauers wünscht. Schließlich wäre es nicht das erste Mal, dass Opel zum Verkauf steht, und manche Kunden schrecken vor der Investition in ein Fahrzeug zurück, das zu den letzten seiner Marke gehört.

Denn schon 2009 hatte GM die kriselnde Tochter veräußern wollen. Der kanadisch-österreichische Zulieferer Magna sollte bei Opel einsteigen. Doch im letzten Moment machte GM im November 2009 einen Rückzieher und kündigte überraschend an, Opel selbst sanieren zu wollen. In der Einigung mit den Bochumer Arbeitnehmervertretern musste sich GM jetzt verpflichten, die Abfindungen von rund 80 000 Euro für langjährige Mitarbeiter auf über 100 000 Euro zu erhöhen. Außerdem hat der Betriebsrat den Fortbestand eines Getriebewerks mit 300 Beschäftigten erkämpft. "Nach den Erfahrungen aus der Vergangenheit mit unserer amerikanischen Mutter müssen wir in Bochum erst von deren Plänen überzeugt sein, bevor wir uns auf wichtige Entscheidungen einlassen", sagte Einenkel zu dem interkontinentalen Kräftemessen, das im weltweiten Autobau indes auch kein Einzelfall ist: Schon das Verhältnis zwischen Daimler und Chrysler war nicht konfliktfrei - und endete bekanntlich in einer Trennung.