SPD-Verkehrspolitiker kritisiert schleppende Wartungsarbeiten an Klimaanlagen. Hersteller sollen künftig stärker für Zugmängel aufkommen

Hamburg. Noch vor dem kalendarischen Beginn des Sommers kämpft die Deutsche Bahn erneut mit dem Problem überlasteter und defekter Klimaanlagen. Am vergangenen Wochenende mussten Reisende in ICE und IC wegen teils kaputter Aggregate den Zug wechseln. In einem ICE versagte die Klimaanlage komplett. Den Fahrgästen drohen wieder heiße Monate. "Es ist hochgradig erschreckend, dass es schon bei Temperaturen unter 30 Grad so massive Ausfälle gibt", sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete und verkehrspolitische Sprecher, Uwe Beckmeyer, dem Abendblatt. "Man weiß seit einem Jahr, dass es in den Fernzügen fehlerhaftes Gerät gibt. Ich hatte nach den Ausfällen des vergangenen Sommers erwartet, dass die Bahn alle technischen Möglichkeiten ausschöpft, um die Sommerfestigkeit zu gewährleisten."

Kritik richtete Beckmeyer vor allem an die Bundesregierung. Der Bund ist Alleineigner der Bahn. Von 2010 bis 2013 will das Bundesverkehrsministerium eine jährliche Gewinnabführung von jeweils 500 Millionen Euro. Nach bisherigen Aussagen des Verkehrsministeriums soll das Geld in die Bahn-Infrastruktur reinvestiert werden. "Wenn man eine solche Zwangsdividende aus dem Unternehmen herausquetscht, darf man sich nicht wundern, wenn es beim Zustand des rollenden Materials hapert", sagte Beckmeyer. "Das Geld müsste im Unternehmen bleiben."

Die Bahn will ihre ICE-Schnellzüge des Typs ICE 2 bis zum Jahr 2013 komplett mit neuen Klimaanlagen ausrüsten. "Wir modifizieren und verbessern die Anlagen aber auch jetzt bereits", sagte eine Bahnsprecherin dem Abendblatt. Im vergangenen Jahr waren vor allem ICE 2 mit defekten Klimaanlagen aufgefallen. Die ICE 1 und ICE 3 waren bereits in früheren Jahren grundüberholt und mit besseren Klimaanlagen ausgestattet worden. Die Aggregate in den ICE 2 sind nicht für die hohen Temperaturen ausgelegt, die im vergangenen Sommer in den Zügen vielfach erreicht worden waren. Tausende Fahrgäste waren durch den Ausfall von Klimaanlagen in Mitleidenschaft gezogen worden, in einigen Fällen erlitten die Reisenden Kreislaufzusammenbrüche oder andere Schäden und mussten von Rettungsdiensten betreut werden.

Die Bahn betreibt den ICE seit 1991. Die Zahl der Fahrgäste in den Hochgeschwindigkeitszügen ist von zehn Millionen im Jahr 1992 auf rund 78 Millionen im vergangenen Jahr gestiegen. Immer wieder gab es Probleme mit der Zuverlässigkeit der ICE, die von Siemens, Alstom und Bombardier gebaut werden, etwa mit defekten Radachsen bei verschiedenen ICE-Modellen oder bei der Neigetechnik für die Kurvenfahrt beim ICE T. Die Kosten trägt zumeist die Bahn. "Einerseits sind die Garantien für etliche Züge bereits abgelaufen, zum anderen hat die Bahn die Hersteller bei der Wartung der ICE weitgehend außen vor gelassen und alles selbst gemacht", sagte Beckmeyer.

Besserung erhofft sich die Bahn auch von der neuen Zuggeneration ICx. Anfang Mai unterzeichneten Bahnchef Rüdiger Grube und Siemens-Chef Peter Löscher einen Vertrag für die Lieferung von bis zu 300 ICx. Die zunächst bestellten 130 sowie geplante weitere 90 Züge haben einen Auftragswert von sechs Milliarden Euro. Es ist die bislang größte Investition in der Geschichte der Bahn. Die Züge sollen ab 2016 zum Einsatz kommen. Zwei ICx sollen vor der Serienfertigung einen 14-monatigen Probebetrieb durchlaufen.

Zunächst aber muss die Bahn hoffen, dass die ICE die bevorstehende heiße Phase ohne große Ausfälle überstehen. "Wir haben in den Zügen schon länger Techniker an Bord, die sich nun aber stärker auf die möglicherweise nötige Reparatur von Klimaanlagen konzentrieren", sagte die Bahnsprecherin. Auch Ersatzzüge stehen an den Knotenpunkten des Schienennetzes bereit. "Das ist aber immer so, unabhängig von den Problemen mit den Klimaanlagen."

Verkehrspolitiker Beckmeyer forderte, die Überholung der Klimaanlagen zu beschleunigen. "Zur Kontrolle der Radachsen müssen die ICE ja mittlerweile ohnehin öfter in die Werkstatt als früher", sagte er. "Dabei könnten die Techniker doch gleich auch die Aggregate kontrollieren. Ich habe die Erwartung an den Vorstand der Deutschen Bahn, dass der Fernverkehr funktioniert. Auch mit vielen Fahrgästen, denn dafür ist die Bahn ja da." Einen politischen Vorstoß im Bundestag plant die SPD-Opposition einstweilen nicht. "Wir hatten Rüdiger Grube 2010 zu Gast im Verkehrsausschuss. Da hat er seine Pläne zur Behebung des Klimaproblems ausführlich dargelegt. Und die muss er nun umsetzen."

Klar sei aber auch, dass die Hersteller der ICE für Qualitätsmängel viel stärker als bisher in die Pflicht genommen werden müssten. "Mit solchen weitreichenden Mängeln dürfen die Konzerne in Zukunft nicht mehr durchkommen", sagte Beckmeyer.