Anteile der Telefongesellschaft OTE gehen an die Telekom. Athen zahlt noch immer Rente an 4500 Verstorbene

Athen/Hamburg. Auf einmal geht alles ganz schnell: Zwei Wochen nach der Ankündigung hat das hoch verschuldete Griechenland mit der Privatisierung von Staatsbesitz begonnen. Als Erstes verkauft das angeschlagene Euroland einen weiteren Anteil an der griechischen Telefongesellschaft OTE an die Deutsche Telekom. Die Athener Regierung erhält für ihre zehn Prozent an OTE rund 400 Millionen Euro. Die Telekom stockt damit ihre Beteiligung an dem einstigen griechischen Monopolisten auf 40 Prozent auf.

Es dürfte der einfachste Teil des Verkaufsprogramms sein, mit dem die Regierung 50 Milliarden Euro einnehmen will. Athen besaß eine Verkaufsoption und konnte der Telekom die OTE-Papiere jederzeit verkaufen. Der Konzern aus dem Deutschen Aktienindex (DAX) musste das Paket zu einem festgeschriebenen Preis übernehmen, der sich am Börsenkurs der OTE-Aktie der vergangenen Wochen orientierte. Neben der Telekom könnte auch Fraport bald seine Position in dem Land ausbauen. Der Frankfurter Flughafenbetreiber signalisierte bereits Interesse an einem Einstieg beim Airport Athen.

Derweil nehmen die kritischen Töne innerhalb der Berliner Regierungskoalition zu neuen Griechenland-Zahlungen zu. "Hilfen wird es nur geben, wenn Griechenland weitere enorme Sparanstrengungen unternimmt", sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder der "Bild". Er kündigte an, dass sich die Koalition erneut mit dem Thema in dieser Woche beschäftigen werde. Basis hierfür solle ein Bericht des Bundesfinanzministers sein.

Ob Griechenland weiteres Geld zur Überwindung seiner Finanzkrise erhalten könne, sei noch nicht klar, sagte Kauder. Das Land sei mit seinen Sparbemühungen noch nicht so weit wie eigentlich notwendig. Dies sei aber Voraussetzung für EU-Hilfen. "Eines ist klar: Geld ohne Gegenleistung gibt es nicht. Da helfen auch die Demonstrationen nicht", sagte er. "Für mich ist völlig klar, dass der Bundeshaushalt kein Selbstbedienungsladen anderer Länder ist", ergänzte FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle. Kauder kritisierte zudem die mangelnde Bereitschaft von Banken und Pensionsfonds, Griechenland zu helfen. "Jeder muss seinen Beitrag leisten, um die Situation zu stabilisieren", forderte er. Auch müsse Griechenland mit seinen Gläubigern reden und ihnen klarmachen, dass das Land zahlungsunfähig sei. Mit dem Beschluss eines neuen Rettungsmechanismus der EU 2013 sollen Banken im Ernstfall auch zu einer Kooperation gezwungen werden können, sagte Kauder. Derzeit geschehe dies nur freiwillig. Laut Brüderle verlangt auch die FDP, dass bei weiteren Finanzhilfen für Griechenland der private Sektor belastet wird: "Ich halte die Beteiligung des privaten Sektors für sehr wichtig."

Lorenzo Bini Smaghi, Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB), forderte Griechenland auf, dringend nötige Reformen voranzubringen, denn ansonsten stünde eine Schuldenrestrukturierung oder eine Staatspleite auf der Agenda. Bei einer Schuldenkrise eines Staates sollte nach seiner Ansicht eine Umschuldung nur der "letzte Ausweg" sein, da ein solcher Schritt ungeahnte Konsequenzen nach sich ziehen könne. Von einem Zahlungsausfall würde der Finanzmarkt Griechenlands schwer getroffen werden, und eine Rekapitalisierung des Bankensystems würde weiteres Geld aus öffentlichen Quellen nötig machen.

Derweil musste die Regierung in Athen einräumen, dass das Land weiterhin Renten an rund 4500 verstorbene Pensionäre zahlt. Die fehlerhaften Überweisungen kosteten den Staat jährlich fast 16 Millionen Euro, sagte die griechische Arbeitsministerin Louka Katseli der Athener Zeitung "Ta Nea". Die Ministerin erklärte, ihre Behörde nehme jetzt alle 9000 der Fälle "unter die Lupe", bei denen Menschen über 100 noch Rente bekommen.

Das Problem ist der Verwaltung des hoch verschuldeten Landes schon seit fast einem Jahr bekannt - in den Griff bekommen hat sie es bisher aber nicht. Bereits im August 2010 hatte der Vizeminister für Arbeit und Soziales, Giorgos Koutroumanis, der Athener Presse versichert, der Staat werde juristisch gegen alle vorgehen, die "vergessen hätten", den Tod ihrer Verwandten zu melden. Eine genauere Untersuchung ergab damals bereits: In mindestens 320 Fällen wurde die Rente auf Bankkonten überwiesen, auf denen gar keine finanziellen Transaktionen mehr stattfinden oder die seit Jahren nur noch von Kindern oder anderen Bevollmächtigten genutzt wurden.