Hochwasserkatastrophen machen Schafwolle so teuer wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr

Erfurt. Jahrelang war der Wollpreis im Keller. Jetzt ist das deutsche Vlies plötzlich gefragt und teuer wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr: Zwischen 1,60 und 1,65 Euro gibt es für ein Kilo Rohwolle vom Merinoschaf. Doch der Thüringer Schäfer Jens-Uwe Otto und seine Kollegen sagen trotzdem, dass die Schäfer nicht aufatmen können. Immer mehr Herden werden abgeschafft, Züchter geben auf. "Der Wollpreis kann uns nicht retten", sagt Burkhard Schmücker von der Vereinigung Deutscher Landesschafzuchtverbände.

Dabei stand es vor Kurzem noch viel schlimmer um die Schäfer. Im vergangenen Jahr bekamen sie zwischen 60 und 80 Cent für ein Kilo Wolle, 2009 waren es sogar nur dürftige 49 Cent. Den Tiefpreis erlebten sie nach der Wiedervereinigung. "30 bis 50 Pfennig gab es da", sagt Otto. Zwei Jahre hat er seine Wolle deswegen einfach liegen lassen und nicht verkauft.

"Jetzt behalten wir nach der Schur endlich ein wenig Geld übrig", sagt Schmücker erfreut, der selbst mehr als 500 Schafe hat. Rund vier Kilo Wolle hat ein Schaf und bringt damit derzeit rund 6,50 Euro ein. Rund 2,50 Euro nehmen der Scherer und seine Helfer. Dazu kommen traditionell Essen und Trinken auf den Tisch. "Wir machen kein Minus mehr", hat auch Otto erlebt.

Der hohe Wollpreis komme vor allem durch die Hochwasser in Pakistan und Australien zustande, bei denen 2010 viele Baumwollfelder zerstört wurden. Die Baumwollpreise schnellten in die Höhe und damit verteuerte sich auch die Schafwolle. "Die Nachfrage ist enorm gestiegen." Vor allem die Chinesen haben einen hohen Bedarf.

Doch mit der Wolle erzielen die Schäfer nur einen kleinen Teil ihrer Einkommen. "Damit haben wir schon vor 15 Jahren abgeschlossen", sagt Schmücker. Sein Vater habe in den 1950er-Jahren noch 40 Prozent durch Wolle eingenommen, schaut er zurück. Jetzt seien es weniger als zehn Prozent. "Und bei den Schwarzkopfschafen mache ich sogar ein Minus von drei Prozent." Wenn sich die Wollproduktion lohnen solle, müsste es sechs Euro pro Kilo geben. Derzeit aber könnten viele Schäfer nur überleben, weil sie mit ihren Tieren Landschaftspflege betreiben und dafür Förderung kassieren oder weil sie Schlachtlämmer verkaufen.

Deutschlandweit nimmt die Zahl der Schafzüchter daher seit Jahren konstant ab. Laut Bundesumweltministerium gab es 1999 noch 33 975 Betriebe mit Schafhaltung. Elf Jahre später waren es nach vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamts nur noch 22 800. Auch der Schafbestand ist innerhalb dieser Zeit geschrumpft: von 2,7 Millionen auf 2,12 Millionen Tiere.

In den nächsten Jahren gingen viele Schäfer in Rente, Nachfolger fänden sie nicht, sagt Otto. Bei der schwierigen Einkommenslage und angesichts steigender Bürokratie sei dies auch kein Wunder. Otto: "Schäfer ist ein 365-Tage-Job, da frisst uns so was auf." Ohnehin lohne nur die Zucht von Merinoschafen, für deren weiße, feine Wolle es das meiste Geld gebe.