Smartphone-Verkäufe verdoppelt. Weil das Gerät die Aufenthaltsorte seines Besitzers speichert, sind Datenschützer alarmiert

Hamburg. Der überwältigende Erfolg mit dem Smartphone-Trendsetter iPhone katapultiert die Unternehmenszahlen von Apple in immer neue Höhen: Knapp 18,7 Millionen dieser Geräte verkaufte der kalifornische Technologiekonzern im zweiten Geschäftsjahresquartal, doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum. Damit schoss der Umsatz um 83 Prozent auf 24,7 Milliarden Dollar (17,0 Milliarden Euro) nach oben, der Gewinn hat sich auf 6,0 Milliarden Dollar nahezu verdoppelt.

Allerdings gerät die kalifornische Elektronikfirma nun ebenso wie der Internet-Gigant Google ins Visier von Datenschützern, denn das iPhone wie auch der Tablet-Computer iPad speichern dauerhaft die Aufenthaltsorte ihrer Nutzer anhand von Daten aus dem Mobilfunknetz. Der in Deutschland für den Konzern zuständige Datenschützer Thomas Kranig zeigte sich äußerst besorgt. "Wenn ich mich in die Rolle des Nutzers hineinversetze, dann würde ich mich jetzt einfach unwohl fühlen", sagte der Leiter des Bayerischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht der Nachrichtenagentur dapd. Kranig schickte dem Unternehmen einen schriftlichen Fragenkatalog. Auch Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) forderte von Apple Aufklärung.

Allerdings ist das Problem nicht auf Apple beschränkt. So bestätigte der schwedische Programmierer und IT-Experte Magnus Eriksson der britischen Zeitung "The Guardian", was seit längerer Zeit in Internet-Foren diskutiert wird: Auch Android-Handys speichern Positionsdaten nebst Datum und Uhrzeit. Wer ein wenig in den Tiefen seines Smartphones mit Googles Betriebssystem stöbert, stößt tatsächlich auf einen "Location File", eine Datei mit Lokalisierungsdaten.

Nicht alle Smartphones scheinen jedoch so gierig nach persönlichen Informationen ihrer Nutzer zu sein: Von Nokia-Smartphones und Blackberrys ist dies in dem Ausmaß nicht bekannt, und die Windows-Phone-Plattform speichert nach Angaben von Microsoft keinen Verlauf der Positionsdaten.

Dass iPhones der Version 3GS und 4 sowie mobilfunkfähige iPads mit UMTS-Modul die brisanten Daten sammeln, ist in Expertenkreisen seit mehreren Monaten bekannt. Doch der Forscher Alasdair Allan von der University of Exeter und Autor Pete Warden haben mit dem "iPhone Tracker" erstmals eine Software vorgestellt, mit der sich die Informationen auslesen und anschaulich auf einer Karte darstellen lassen.

Apples Geräte setzen die gespeicherten Daten zweifach ein. Zum einen gelangen die Orts- sowie weitere Daten zu Sendeleistung und Geschwindigkeiten der Mobilfunkantennen und lokalen Netzwerke permanent an eine Datenbank. Sie sind dabei allerdings anonymisiert: Nutzer und iPhone sind nicht zu identifizieren. Mehr als diese Teildaten dürfte Apple tatsächlich nicht übertragen, das Unternehmen würde ansonsten gegen Datenschutzbestimmungen in zahlreichen Ländern verstoßen. Nach eigenen Angaben kann nur Apple auf die Datenbank zugreifen.

Das zweite, komplette Datenpaket besteht aus den sehr persönlichen Informationen, wann und wo sich der Nutzer aufgehalten hat. Diese Daten werden nur auf dem Telefon gespeichert und nicht an Apple oder Dritte geleitet. Der Softwareexperte Alex Levinson, der schon im Dezember auf die Sammelleidenschaft der iPhones hingewiesen hat, kann dies bestätigen: "Ich habe den Datenverkehr überwacht, nicht ein einziges Mal haben meine Daten ein Netzwerk durchlaufen."

Diese im Handy gespeicherten Daten sind notwendig, wenn Nutzer Apps einsetzen wollen, die auf Positionsdaten angewiesen sind. Doch warum Apples Geräte die Daten über Monate hinweg speichern, bleibt unklar. Das Unternehmen hat sich dazu bislang noch nicht geäußert.

Die Übermittlung der anonymisierten Informationen an Apples Datenbank können Nutzer nicht stoppen - das ist zumindest der derzeitige Stand. Auch lässt sich die Datei, in der die ortsbezogenen Informationen stecken (consolidated.db), nicht löschen. Allerdings können Nutzer bestimmen, welche Apps automatisch darauf zugreifen dürfen. In den Einstellungen unter Ortungsdienste lässt sich die Erfassung der Positionsdaten für einzelne Apps ganz abschalten. Wer nicht möchte, dass seine Geodaten für Werbezwecke genutzt werden, kann dies über die Webadresse https://oo.apple.com ausschließen lassen.

Es lauert aber noch eine weitere Gefahr für die Privatsphäre: Wird das iPhone mit einem Rechner synchronisiert, etwa um Musikstücke herunterzuladen, legt der Computer einen Back-up zur Datensicherung an. Dort findet sich auch die unverschlüsselte Ortsdatei. Doch auch diese Informationsquelle können Nutzer über den Menüpunkt "Übersicht/Optionen" mit einer Passwort-Codierung abschalten. Damit wäre der Computer zwar weitgehend sicher, doch die ungeschützte Datei auf dem iPhone bleibt frei zugänglich. Das dürfte Privatdetektive, eifersüchtige Ehepartner oder manchen Staatsanwalt freuen. Die politisch umstrittene Vorratsdatenspeicherung ist im iPhone schon Realität.