Die Hamburger Werbeholding Commarco, zu der die bekannte Agentur gehört, wird vom Branchenriesen WPP geschluckt.

Hamburg. Die Geschichte der Werbeagentur Scholz & Friends lässt sich im Wesentlichen in drei Perioden unterteilen: Die erste endete 1992, als der im vergangenen Jahr gestorbene Jürgen Scholz die Geschäftsleitung der von ihm 1981 in Hamburg gegründeten Agentur verließ.

Es folgte eine Zwischenphase, bevor 2001 Sebastian Turner und Thomas Heilmann den Vorstandsvorsitz übernahmen und Scholz & Friends in eine Werbeholding namens Commarco mit rund 1500 Mitarbeitern und etwa 30 Agenturen überführten. Scholz & Friends ist die größte von ihnen. In diese Zeit fielen Kampagnen wie die für die "FAZ", hinter der "immer ein kluger Kopf" stecken soll, oder der für Baden-Württemberg, dessen Bewohner angeblich "alles außer Hochdeutsch" können.

2008 übergaben Turner und Heilmann die Amtsgeschäfte an Frank-Michael Schmidt und Christian Tiedemann. Der Beginn einer neuen Ära war das aber nicht. Zwar zog sich Heilmann komplett zurück. Turner aber wechselte in den Aufsichtsrat. Er versteht sich als Schmidts Sparringspartner und soll ab und an noch bei Kundenpräsentationen auftauchen. Und der Erfolg blieb der Werbeholding ebenfalls treu. Erst kürzlich gewann Scholz & Friends den weltweiten Etat von Opel.

Nun könnte jedoch tatsächlich eine völlig neue Zeitrechnung beginnen. Denn die Commarco wurde samt ihrer Keimzelle Scholz & Friends für geschätzte 150 bis 200 Millionen Euro an das weltweit operierende britische Werbenetzwerk WPP verkauft. Schon einmal gehörte Scholz & Friends einer großen internationalen Werbegruppe: 1985 verkaufte Jürgen Scholz die Agentur an das Werbenetzwerk Bates, der späteren Cordiant Group. Kernstück der Umstrukturierung der Agentur, deren Aktien kurzzeitig auch an der Börse gehandelt wurden, war ein von Turner und Heilmann initiierter Management-Buy-out, bei dem ihnen der Finanzinvestor Cognetas behilflich war. So wurden sie 2003 den Hauptgesellschafter Cordiant wieder los. Seither hält die Cognetas 65 Prozent und das damalige Management - ein Personenkreis von etwa 40 Leuten, von denen noch viele im Unternehmen sind - 35 Prozent der Anteile.

Nun haben beide Gesellschafter verkauft. WPP gehört künftig die komplette Agenturgruppe. Deren Chef Schmidt vermag darin nur Vorteile zu erkennen: "Wir können nun unseren deutschen Kunden die internationalen Leistungen des weltweit führenden Werbenetzwerkes anbieten", sagt er. Tatsächlich ist neben der Digitalisierung die Internationalisierung der Megatrend der Werbebranche. Und international ist die auf Deutschland konzentrierte Commarco trotz mehrerer Auslandsniederlassungen nicht ganz so stark aufgestellt.

Doch der Verkauf kam nicht zustande, um die internationale Schlagkräftigkeit der Holding zu erhöhen, sondern weil die Gesellschafter, allen voran der Finanzinvestor Cognetas, Kasse machen wollten. Die Commarco war 2010 mit einem Nettohonorarumsatz von 122 Millionen Euro die zweitgrößte deutsche inhabergeführte Agenturgruppe. Sie ist bestens aufgestellt. Ein günstigerer Moment, um zu verkaufen, ist kaum denkbar. Und so wurde seit Anfang des Jahres aktiv ein Käufer gesucht.

Dass die WPP die Commarco übernahm, obwohl auch das Management seine Anteile verkaufte, versteht in der Branche nicht jeder. "Das widerspricht den gängigen Marktregeln", sagt der Partner einer großen Hamburger Agentur. "Werbung ist ein Menschengeschäft. Wenn die Führungskräfte die Commarco verlassen, hat die WPP ein Problem." Schmidt versichert jedoch, dass er und seine Kollegen sich anderweitig langfristig an die Holding gebunden hätten.

Ein anderes Problem könnte sein, dass die WPP bereits mit den Agenturen Grey, JWT, Ogilvy & Mather und Young & Rubicam in Deutschland gut vertreten ist. Was, wenn der Werberiese versucht, sein Deutschland-Portfolio neu zu strukturieren? Das werde nicht geschehen, sagt Schmidt. Die Briten hätten die Commarco auch deshalb übernommen, weil sie deren derzeitige Aufstellung überzeugt hätte.

Und überhaupt werde sich kaum etwas verändern: "Hamburg ist und bleibt Hauptsitz der Commarco", sagt er. Die Werbeholding hat ihren Sitz am Sandtorkai. Schmidt sagt aber auch, Berlin werde weiterhin der Hauptsitz von Scholz & Friends sein. Das Gleichgewicht zwischen den beiden wichtigsten Standorten der Agenturgruppe ist unternehmensintern von nicht zu unterschätzender Bedeutung.

Im Übrigen kann man die Eingliederung der Commarco in die WPP auch als Rückkehr zu den Wurzeln der Werbeholding verstehen. Die Cordiant Group, bis 2003 Hauptgesellschafter von Scholz & Friends, wurde schon vor Jahren von der WPP geschluckt.