Vor allem die USA stehen auf der IWF-Frühjahrstagung am Pranger. Frühwarnsystem für Krisen soll kommen. Weltbankchef befürchtet immer mehr Armutsopfer

Washington. Schuldenberge in den Industrieländern, rasant steigende Inflationsraten in großen Schwellenländern und Mängel im Finanzsektor: Der Aufschwung in der Weltwirtschaft kann die Krisengefahren nicht verdrängen. So mussten sich die reichen Länder, speziell die USA, bei der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) heftige Kritik gefallen lassen. Von aufstrebenden Ländern wurden sie wegen ihrer Schuldenpolitik als Großrisiko für die Weltwirtschaft bezeichnet. Der Chef des IWF-Lenkungsausschusses IMFC, Singapurs Finanzminister Tharman Shanmugaratnam, warnte: "Wenn die Teuerung in den Schwellenländern steigt, ist das nicht nur deren Problem." Es gehe um ein globales Inflationsproblem mit negativen Folgen für die Zinsentwicklung.

"Es gibt Zweifel an der Tragfähigkeit der öffentlichen Haushalte", sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble mit Blick auf Schuldenprobleme in Europa und den USA. Der IMFC forderte diese Länder zu glaubwürdigen Maßnahmen zur Lösung des Problems auf. Deutschland sieht sich in diesem Streit im Gegensatz zu den USA und europäischen Partnerländern aber in einer komfortablen Situation. Es gebe die Chance, bei der Defizitquote dieses Jahr in Richtung zwei Prozent zu kommen und damit noch etwas besser als geplant abzuschneiden, sagten Bundesbank-Präsident Axel Weber und Schäuble. Dagegen bewegen sich laut IWF die USA 2011 in Richtung elf Prozent.

Als weiterer Streitpunkt zwischen Schwellen- und Industrieländern erwies sich die Frage von Kontrollen im Kapitalverkehr. Brasilien und andere Länder klagen über massive spekulative Kapitalzuflüsse als Folge der expansiven Geldpolitik etwa in den USA. Das treibe ihre Inflation hoch. Während Länder wie Deutschland als Reaktion darauf Kapitalverkehrskontrollen allenfalls als allerletzte Verteidigungslinie akzeptieren wollen, lehnen es die betroffenen Staaten ab, sich straffe Zügel anlegen zu lassen. Eindringlich warnte Weltbank-Präsident Robert Zoellick vor den Folgen des massiven Preisanstiegs für Nahrungsmittel. Das sei "die größte Bedrohung für die Armen der Welt". Allein 2010 seien als Folge 44 Millionen Menschen in der Welt neu unter die Armutsgrenze gefallen. "Wir laufen Gefahr, eine ganze Generation zu verlieren", warnte Zoellick.

Zufrieden zeigte sich Schäuble mit den G20-Vereinbarungen zu Schwellenwerten für eine Reihe von Wirtschaftsindikatoren, mit denen künftig gefährliche Ungleichgewichte in der Weltwirtschaft aufgedeckt werden sollen. Die für das Weltwirtschaftssystem besonders bedeutsamen Länder wie Deutschland, die USA oder Japan sollen künftig auf Herz und Nieren geprüft werden. Details werden noch erarbeitet. Zudem sprach Schäuble von ersten Fortschritten, die auf dem Wege zu einer umfassenden Reform des Weltwährungssystems gelungen seien. Dabei geht es langfristig auch um Alternativen zum US-Dollar als derzeit zentraler Weltreservewährung.