Nach Jahren stabiler Preise zeichnet sich nun eine zunehmende Geldentwertung ab. Was Anleger wissen sollten

Die Angst vor der Geldentwertung kehrt zurück. Noch erscheint die Inflationsrate im Euro-Raum mit 2,6 Prozent moderat, liegt aber schon deutlich über dem Zielwert der Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent. Mit einer ersten Zinserhöhung hat die EZB deutlich gemacht, wieder verstärkt auf die Preisstabilität zu achten. "Doch das ist ein langfristiger Prozess, der nicht gleich Wirkung zeigt", sagt Jochen Intelmann, Chefvolkswirt der Hamburger Sparkasse. Denn die Preissteigerungen zeichnen sich weltweit ab.

In Ländern wie Brasilien, China oder Indien erreichen die Teuerungsraten bis zu neun Prozent. Großbritannien verzeichnet inzwischen eine Inflationsrate von 4,4 Prozent, eine Größenordnung, die Experten inzwischen auch für Deutschland in Zukunft für möglich halten. Anleger müssen deshalb bei der Geldanlage dieses Thema stärker berücksichtigen. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen.

Warum ist Inflation überhaupt so gefährlich?

Die Inflation ist eine schleichende Geldentwertung, deren Auswirkungen auf die langfristige Vermögensanlage häufig unterschätzt wird, weil sie anfangs noch nicht so stark spürbar ist. Von 10 000 Euro bleiben bei einer Inflationsrate von vier Prozent nach zehn Jahren in realer Kaufkraft aber lediglich 6756 Euro übrig. Der Vermögensverlust liegt bei knapp einem Drittel. Selbst wenn man nur eine Inflationsrate von drei Prozent über fünf Jahre unterstellt, ergibt das einen Kaufkraftverlust von rund 1400 Euro.

Warum sind die Inflationsgefahren zuletzt gestiegen?

Zur Bekämpfung der internationalen Finanz- und Staatsschuldenkrise haben die Notenbanken Staatsanleihen aufgekauft und damit die Geldmenge gefährlich aufgebläht. "Die milliardenschweren Liquiditätsspritzen der Notenbanken haben den Nährboden für höhere Inflationsraten bereitet", sagt Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. So hat sich die weltweite Geldmenge seit 1980 mehr als verzehnfacht, dagegen ist die globale Güterproduktion nur um den Faktor sechs gestiegen, ermittelten die Ökonomen der Bank UniCredit. Noch sind es vor allem Rohstoff- und Energiepreise, die die Teuerung vorantreiben. Doch sie kann durch die vernetzte Weltwirtschaft und rasch steigende Löhne in China auch auf andere Bereiche übergreifen. Besonders gefährlich wird es, wenn sich auch in Deutschland eine Lohn-Preis-Spirale entwickelt.

Auf was müssen Anleger jetzt besonders achten?

Sie dürfen sich nicht von vermeintlich hohen Zinsen blenden lassen. Vier Prozent Zinsen bietet die Bank of Scotland für einen Anlagezeitraum von vier Jahren. Das mag auf den ersten Blick hoch erscheinen. Doch die Inflationsrisiken auf Sicht von vier Jahren lassen sich jetzt nicht überblicken. Es ist möglich, dass die Banken in ein, zwei Jahren viel höhere Zinsen bieten müssen, denn jetzt werden vierjährige Anlagen im Durchschnitt nur mit 2,6 Prozent verzinst. Wer dann sein Geld langfristig fest angelegt hat, kann diese Angebote nicht nutzen. "Sparer sollten sich nur kurzfristig binden, um später höherverzinsliche Zinsangebote nutzen zu können", rät Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Lang laufende Bundesanleihen sollten auf jeden Fall gemieden werden.

Welche Zinspapiere sind momentan am besten geeignet?

In Phasen steigender Zinsen sind Floater eine Alternative zu Fest- oder Tagesgeld. Das sind variabel verzinsliche Anleihen, deren Zinssatz regelmäßig an die aktuelle Marktzinsentwicklung angepasst wird. Maßstab dafür ist ein vorher festgelegter Referenzzinssatz. Steigt der, erhöht sich in der Folge auch die Verzinsung des Papiers. Deshalb notieren diese Papiere auch immer nahe dem Rückzahlungskurs. Kursverluste, wie sie bei Festzinsanleihen in Zeiten steigender Zinsen auftreten, sind daher kaum möglich. Die Floater können also jederzeit über die Börse ohne größeres Kursrisiko verkauft werden. Sie unterliegen allerdings - im Gegensatz zu Sparguthaben - keiner Einlagensicherung. Die Rückzahlung hängt von der Bonität des Emittenten ab.

Schützen Aktien zuverlässig vor den Folgen der Geldentwertung?

Aktien gelten als Substanzwerte und bieten daher einen gewissen Schutz vor Inflation. Nach einer Untersuchung von Vontobel Asset Management gab es in den USA von 1900 bis heute sechs Phasen, in denen die Inflation über fünf Prozent stieg. Aktien erreichten in diesen Phasen eine inflationsbereinigte Rendite von knapp vier Prozent und schnitten dabei am besten ab. Rohstoffe kamen nur auf gut ein Prozent, und Immobilien schnitten noch schlechter ab. Allerdings sind hohe Teuerungsraten von mehr als sechs Prozent für Aktien schlecht. Außerdem kommt es bei der Aktienauswahl darauf an, ob die Firma höhere Kosten an ihre Kunden weiterreichen kann. Experten setzen als Inflationsschutz auf internationale Konzerne deren Güter nicht einfach austauschbar oder gar verzichtbar sind.

Warum bieten Edelmetalle einen Inflationsschutz?

Edelmetalle sind im Gegensatz zum Papiergeld nicht beliebig vermehrbar. Wenn die Realzinsen (also Sparzins minus Inflationsrate) negativ sind, bieten sie einen Kapitalerhalt. "In der Vergangenheit hat sich Gold in diesen Zeiten besonders gut entwickelt", sagt Eugen Weinberg, Rohstoffexperte der Commerzbank. Er rät zu einem Edelmetallanteil von zehn Prozent am Gesamtdepot. "Gold dient als Versicherung gegen geopolitische Risiken und Inflation. Silber kann diese Funktionen auch erfüllen, unterliegt aber stärkeren Kursschwankungen. Damit ist Silber nicht für jeden geeignet", sagt Weinberg.

Soll ich jetzt eine Immobilie erwerben?

Wenn das ohnehin der Wunsch ist und Eigenkapital vorhanden ist, spricht nichts dagegen. Steigende Preise und ein knappes Angebot an geeigneten Objekten machen es allerdings nicht einfach. "Finanziell sind Eigentümer im Alter meist besser gestellt als Mieter, denn sie profitieren von der ersparten Miete", sagt Ulrike Zobel, Baufinanzierungsexpertin der Haspa. Für Hamburg sprächen die wachsende Bevölkerungszahl und eine hohe Lebensqualität. Das kann für Vermieter interessant sein, wenn sich geeignete Objekte finden.