Shell verzichtet vorerst auf Biosprit in Hamburg. Merkel lehnt Ideen der EU zur Dieselbesteuerung ab

Hamburg. Die spannendste Nachricht für Autofahrer in Hamburg findet sich in der Presseerklärung des Mineralölkonzerns Shell erst im vierten Absatz. "In West- und Norddeutschland wurde E10 bislang nicht an Shell-Stationen eingeführt. Das Kraftstoffsortiment an diesen Stationen bleibt bis auf Weiteres unverändert", heißt es dort. Im Klartext: Bei Shell in Hamburg wird auch künftig der umstrittene E10-Sprit nicht zu kaufen sein. Der Mineralölkonzern wolle "zur Marktberuhigung beitragen", heißt es weiter. Im Süden der Republik hatte das dort eingeführte E10 nur mäßigen Zuspruch gefunden. Als Konsequenz mussten die Mineralölfirmen verstärkt wieder das Alternativbenzin mit fünf statt zehn Prozent Ethanol anbieten. In den ersten Raffinerien, die eigentlich auf E10 umgestellt werden sollten, kehrt man nun auch wieder zum E5-Sprit zurück.

Karsten Smid, Energieexperte der Umweltschutzorganisation Greenpeace, nennt das Projekt E10 der Bundesregierung "gescheitert". Berlin habe einen falschen Weg eingeschlagen, den die Autofahrer und nun auch die Ölkonzerne nicht mehr mitgingen. Statt an ihrer "unsinnigen Biospritstrategie" festzuhalten, müsse die Regierung bei der Automobilindustrie auf verbrauchsarme Fahrzeuge drängen. Smid geht davon aus, dass Berlin das Gesetz zur Einführung von E10 kippen wird. Von Bundeskanzlerin Angela Merkel hörte man dazu gestern allerdings nichts.

Sie ließ stattdessen Pläne der EU-Kommission zur Erhöhung der Dieselsteuer zurückweisen. Die Kanzlerin sei gegen die geplante höhere Besteuerung, so Regierungssprecher Steffen Seibert. Ein solcher Beschluss sei in der EU nur einstimmig möglich, betonte er. Und Berlin werde sich dem entgegenstellen. Die EU-Kommission will heute ihre neuen Pläne zur Kraftstoffbesteuerung vorlegen. Grundlage sollen künftig der Energiegehalt und die CO2-Bilanz des Sprits sein. Bei einer Umsetzung der Pläne könnten an deutschen Tankstellen ab 2020 statt 47 Cent Steuern pro Liter Diesel 75 Cent anfallen.