Deutsche Bank und Postbank sperren Girocards außerhalb Europas, um Missbrauch durch Kriminelle vorzubeugen.

Hamburg. Die Urlaubskasse ist leer, und der nächste Geldautomat außerhalb Europas liefert auch kein Bares mehr. Denn die EC-Karte versagt ihren Dienst. Das müssen immer mehr Bankkunden erfahren, die außerhalb der Europäischen Union ihre Ferien verbringen. Wegen zunehmender Missbrauchsfälle schränken viele Banken die Nutzung der insgesamt 93 Millionen Girocards außerhalb des sogenannten Sepa-Raums ein. Dazu gehören alle 27 Mitgliedsländer der Europäischen Union sowie Island, Liechtenstein, Norwegen, die Schweiz und Monaco.

Kerstin Becker, Kundin der Deutschen Bank, kam mit ihrer EC-Karte in Chile nicht weit. Der Automat verweigerte die Ausgabe von Geld. "Wir haben seit dem 1. Januar den Verfügungsrahmen außerhalb des Sepa-Raums für alle zehn Millionen Kunden auf null Euro gesetzt", sagt Banksprecherin Anke Veil dem Abendblatt. Üblich ist sonst ein Verfügungsrahmen von 1000 Euro am Tag und 3500 Euro in der Woche.

Wer die Karte in anderen Regionen außerhalb Europas einsetzen will, müsse sein Limit erst wieder erhöhen lassen, sagt Veil. Das ist bei der Deutschen Bank für acht verschiedene Regionen außerhalb Europas möglich. Außerdem gilt der Verfügungsrahmen maximal für ein Jahr und muss dann von jedem Kunden erneuert werden.

2010 entstand durch gefälschte Karten ein Schaden von 50 Millionen Euro

Wie gut eine solche einschneidende Maßnahme an die Kunden kommuniziert wurde, ist umstritten. "Ich habe nur zufällig durch einen Aushang in der Filiale davon erfahren und schnell meine Limits anheben lassen, denn ich möchte meine EC-Karte weltweit einsetzen", sagt Monika Lange. Die Bank verweist darauf, dass über die Umstellung auf dem Kontoauszug informiert wurde. "Diese Mitteilungen nehme ich kaum zur Kenntnis, weil es sich oft nur um Werbung handelt", sagt Lange. "Kunden, die oft außerhalb Europas unterwegs sind, haben wir direkt angeschrieben", verteidigt Veil die Informationsstrategie der Bank.

Noch weiter als die Deutsche Bank geht die Postbank. Sie hat damit begonnen, neue Bankkarten auszugeben, die grundsätzlich nicht mehr außerhalb des Sepa-Raums eingesetzt werden können. Erkennbar sind sie an dem Aufdruck "V-Pay". Bisher wurden rund drei Millionen neue Karten an die Kunden verschickt. Bis Mitte 2011 sollen alle 6,4 Millionen Bankkarten ausgetauscht sein. "Beim täglichen Einsatz der Karte ändert sich für Sie nichts!", schreibt die Postbank auf ihrer Internetseite. Einen Unterschied unterschlägt das Geldinstitut: Die neue Karte taugt nur noch für 343 000 Geldautomaten, das Vorgängermodell wurde noch von rund einer Million Ausgabestellen akzeptiert.

"Mit den neuen Karten setzen wir auf eine verbesserte Technologie, die mehr Sicherheit bietet", sagt Postbanksprecher Ralf Palm. "Damit wird der Einsatz von illegalen Kartendubletten am Geldautomaten verhindert."

Die Karten enthalten einen fingernagelgroßen EMV-Chip, der das Betrugsrisiko senkt, weil er im Gegensatz zum Magnetstreifen nicht auslesbar ist. Doch außerhalb Europas (Ausnahme Türkei) sind die Geldautomaten meist nicht für diese Technologie ausgerüstet. Entweder die Karten ausgebende Bank ermöglicht in diesem Fall das Geldabheben mittels Magnetstreifen, oder der Kunde kann die Girocard dort nicht einsetzen. In Deutschland dient der Magnetstreifen nur noch zum Öffnen der Türen, zur Bedienung des Kontoauszugsdruckers oder als Notfallvariante, wenn der Chip seinen Dienst versagt.

Mit neuen Karten oder Einschränkungen bei der Verfügbarkeit von EC-Karten wehren sich die Banken gegen zunehmende Betrugsfälle. Durch Manipulationen an Geldautomaten in Deutschland werden die Daten ausgelesen und auch die Eingabe der persönlichen PIN ausspioniert. Mit diesen Daten werden dann Dubletten hergestellt, mit denen im Ausland Geld abgehoben oder auf Einkaufstour gegangen wird. Im Jahr 2010 betrug der Schaden nach Angaben des Bundeskriminalamts 50 Millionen Euro. Das ist gegenüber dem Vorjahr fast eine Verdoppelung.

Der Einsatz gefälschter Karten ist seit dem 1. Januar 2011 in Europa nicht mehr möglich. Denn die Geldautomaten sind mit der modernen Chiptechnologie ausgestattet, die die Karten auf Echtheit überprüfen. Die Geldinstitute befürchten deshalb, dass die Betrügereien außerhalb Europas fortgesetzt werden.

Die Commerzbank, deren Kunden ihre Girocard noch weltweit einsetzen können, prüft deshalb verschiedene Möglichkeiten. "Eine davon ist, ganz auf den Magnetstreifen zu verzichten", sagt ein Sprecher der Bank. Die Konsequenz wäre, dass die Karte nicht mehr weltweit einsetzbar wäre. "Wir empfehlen unseren Banken, Karten auszugeben, die nur im Sepa-Raum akzeptiert werden, um die Betrugsfälle mit Dubletten einzudämmen", sagt Steffen Streudel vom Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken. Diesem Beispiel wird die Hamburger Volksbank ab Oktober 2011 folgen. "Dann werden 70 000 Karten bis zum Jahr 2012 ausgetauscht", sagt Banksprecherin Heidi Melis. Noch können die Kunden der Bank mit ihrer EC-Karte weltweit Geld abheben. Die Sparda-Bank Hamburg will am herkömmlichen Verfahren festhalten, hat aber auch den Verfügungsrahmen außerhalb des Sepa-Raums auf 100 Euro pro Tag reduziert. "Kunden können das bei Bedarf wieder ändern", sagt Banksprecher Dieter Miloschik.

Hamburger Sparkasse will Service für ihre Kunden nicht einschränken

Die Sparkassen sehen sich als Vorreiter bei der Chip-Technologie, wollen aber die "Bewegungsfreiheit und Mobilität der Kunden nicht durch zusätzliche Sicherheitssperren einschränken", wie eine Sprecherin des Sparkassenverbands sagt. Diesem Beispiel folgt die Hamburger Sparkasse. "Unsere Kunden können weltweit mit der Karte ohne Einschränkungen Geld abheben", sagt Andre Grunert von der Haspa. "Da sind auch keine Änderungen geplant."

Kunden sollten angesichts der zunehmenden Einschränkungen bei den EC-Karten vor einer Reise ihre Bank fragen, wo ihre Bankkarte noch akzeptiert wird. Sonst könnte es im Urlaub eine böse Überraschung geben. Außerdem ist es ratsam, die Reise nicht nur mit einem Zahlungsmittel anzutreten, sondern auch eine Kreditkarte mitzunehmen.