Bestecke von Robbe & Berking gibt's in Botschaften und im Kreml. Das Unternehmen bietet auch Barren und Münzen an.

Flensburg. In der Schatzkammer von Robbe & Berking herrscht reger Betrieb. Schrille Schleifgeräusche dringen durch die Räume, es riecht metallisch. Feiner Staub bedeckt den Betonboden. An einem Regal hängen Dutzend gusseiserne Löffel und Messer, zwischendrin thront ein auf Hochglanz polierter Kerzenständer. Daneben sitzt ein älterer Mann in Latzhose an einem Holzblock, schlägt akribisch mit einem Hämmerchen auf ein Stück Silber ein. Er ist konzentriert, bemerkt kaum, dass ihn jemand beobachtet. Oliver Berking lächelt zufrieden. "Das ist es, was uns seit 1874 auszeichnet", sagt er, nickt dabei in Richtung des Arbeiters.

Silberne Bestecke. Jedes Teil handgefertigt. Darauf ist man stolz hier bei Robbe & Berking, damit wurde der Familienbetrieb vom beschaulichen Flensburg aus zum Weltmarktführer, zum Spitzenreiter bei der Herstellung von Silberbestecken. Der Marktanteil in Deutschland liegt bei 90 Prozent.

In fünfter Generation führt Oliver Berking das Traditionsunternehmen mit etwa 170 Mitarbeitern. Lange Zeit arbeitete der 48-Jährige mit seinem Vater zusammen, lernte die Prozesse, die Philosophie verstehen, bis ihm die Geschäftsleitung übertragen wurde. Viel sei passiert in den vergangenen Jahren, sagt er. Der Silberpreis hat sich seit 2008 mehr als verdreifacht, ausgelöst durch einen regelrechten Silberrausch nach der Finanzkrise. Das Edelmetall gilt als sichere Geldanlage, mittlerweile existieren sogar börsengehandelte Fonds. Silber ist gefragt wie nie. Und ausgerechnet das bereitet Berking Kopfschmerzen.

In diesem Jahr muss er die Preise vermutlich erhöhen, fürchtet um seine Stammkundschaft. Doch gleichzeitig vertraut er auf ihre Treue - und die eigene Qualität. "Unsere Kunden sind Überzeugungstäter", sagt er und streift eines der fertigen Bestecke. Sie sind zumindest bereit, für Modelle mit klangvollen Namen wie "Sphinx", "Riva" oder "Avenue" zwischen 520 und 27 000 Euro auszugeben. Was sie dafür erhalten: deutsche Maßarbeit, inklusive eingraviertem Wappens und polierter Zinken.

Robbe & Berking bedient eine Nische, eine, in der Tradition und Luxus beständig hoch im Kurs stehen. Der Kreml ordert seit der Ära Jelzin regelmäßig, der Aga Khan isst mit Flensburger Besteck. In allen deutschen Botschaften gehört es zum Standard. Das Louis C. Jacob an der Elbchaussee vertraut wie das Hotel Vier Jahreszeiten auf Berkings Silberware. Jeder neue Maybach wird auf Wunsch des Käufers mit silbernen Sektkelchen ausgestattet. "Mit Protzerei hat das nichts zu tun", bekräftigt Oliver Berking. Schließlich trägt man sein Silberbesteck nicht vor sich her wie die Handtasche eines teuren Modelabels. Es gehe dabei vielmehr um Tischkultur oder um ein besonderes Erbstück.

Aus etwa 30 Modellen kann der Kunde wählen. Das "Schwedische Hofmuster" zählt zu den ältesten, "Sphinx" mit seinen klaren Linien zu den neusten Schöpfungen. Ein Entwurf von Wilfried Moll, einem Hamburger Silberschmied, der bereits mehrere Silberbestecke für Robbe & Berking gestaltete. Trends und Moden? Das seien für ihn Fremdwörter, sagt Oliver Berking und hantiert mit einem Löffel. "Sehen Sie die schlichte Eleganz, den puristischen Stil? Ich finde das ziemlich hip."

Allerdings: Der Geschäftsführer der Manufaktur ist kein Romantiker. In erster Linie ist er Unternehmer, der sich - wie seine Vorfahren - in einem ewigen Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne bewegen muss. "Wir sind unserer Linie treuer geblieben als andere, die ihr Sortiment etwa um Stahlbestecke erweitert haben. Wir halten an Silber fest, sind dadurch zu 100 Prozent vom Preis abhängig, aber halt auch die Besten unseres Fachs", sagt er.

So selbstbewusst es klingt, wenn Oliver Berking über sein Handwerk referiert, so schimmern hier und da doch Zweifel durch. Zahlen kommuniziert Robbe & Berking grundsätzlich nicht. In der Krise 2009 sei der Umsatz aber rückläufig gewesen, zweistellig. "Im vergangenen Jahr haben wir die Hälfte wieder aufgeholt, jetzt soll der Rest folgen", sagt er. Dafür musste er einen neuen Weg beschreiten. Anfangs zögerlich, nunmehr entschlossen.

Vor anderthalb Jahren brach er erstmals mit der Familientradition, bietet seitdem Münzen und Barren aus Edelmetall an. Momentan richtet er einen Onlineshop ein, über den Investoren Silber und Gold als Anlage erstehen können. Er habe damit auf vielfachen Wunsch der Kunden reagiert, sagt Oliver Berking. "Wertanlagengeschäft ist in Krisenzeiten gefragt." Das edle Robbe & Berking für jedermann. Diese Neuerung, so hofft er, werde sein Unternehmen etwas konjunkturunabhängiger machen und gleichzeitig das Herzstück, die Silberbesteckproduktion, sichern.

Mit großen Schritten durchquert Oliver Berking den Showroom der Manufaktur. Er befindet sich im Erdgeschoss, direkt neben den Produktionsstätten mit den schweren Maschinen. Hier ist es ruhig und warm, hier glitzert und glänzt das feine Endprodukt zwischen rotem Samt in Glasvitrinen. Fast behutsam berührt er die Besteckteile. "Das ist perfekte Handarbeit, das ist Silber. Und das wird Robbe & Berking immer ausmachen." Über seine Nachfolge sorge er sich bisher nicht. "Ich habe sechs Kinder, da wird sich bestimmt etwas ergeben", sagt Oliver Berking. Das Silber bleibt in der Familie.