Das wird die Besitzer von Lebensversicherungen freuen: Nach vielen Tiefschlägen können sie jetzt auf steigende Zinsen hoffen.

Hamburg. Für die deutschen Lebensversicherer und ihre 90 Millionen Kunden gibt es wieder Hoffnung. Nach vielen Tiefschlägen können sie jetzt auf steigende Zinsen hoffen. Das würde langfristig auch wieder die Überschussbeteiligung für die Kunden erhöhen, die sich im Branchendurchschnitt für 2011 mit einem Wert von 4,08 Prozent abfinden müssen. "Eine Trendwende bei der Zinsentwicklung zeichnet sich ab, und es gibt Raum für weitere Zinserhöhungen", sagt Manfred Poweleit, Herausgeber des Branchendienstes map-Report, auf einer Konferenz zur Zukunft der Lebensversicherung in Hamburg, die von der Neue Leben veranstaltet wurde.

Trendwende bei Zinsen

"Selbst bei einer minimalen Zinssteigerung von 0,05 Prozent im Monat wären im Januar 2014 wieder fünf Prozent erreicht", rechnet Poweleit vor. Seit 1995 erreichen die Zinsen am Kapitalmarkt nicht mehr den langfristigen Durchschnitt von 6,5 Prozent. Doch seit Oktober 2010 steigt die Umlaufrendite festverzinslicher Wertpapiere wieder. "Deutschland wird höhere Zinsen zahlen müssen, wenn die Finanzmärkte die hohe Verschuldungsquote von 130 Prozent erkennen, die sich bei Berücksichtigung der Pensionslasten ergibt", sagt Poweleit. Ohne Pensionslasten liegt die Schuldenquote bei 73 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Eine Trendwende bei den Zinsen, für die auch die Ankündigung der Europäischen Zentralbank zur Zinserhöhung der Leitzinsen spricht, kommt für die Assekuranzen zur rechten Zeit. Denn für sie kam es in den letzten Wochen knüppeldick. Sie müssen ab dem nächsten Jahr die garantierten Leistungen bei Neuverträgen für ihre Kunden reduzieren, weil der vom Bundesfinanzministerium festgelegte Garantiezins von 2,25 auf 1,75 Prozent sinkt. "Luxemburg hat gerade eine angekündigte Senkung des Garantiezinses wiederaufgehoben", merkte Poweleit dazu an. Zusätzlich müssen ebenfalls bei Neuverträgen einheitliche Tarife für Männer und Frauen kalkuliert werden, was die Rentenversicherung für das männliche Geschlecht verteuert. Solche Eingriffe stärken nicht gerade das Neugeschäft. Die Kunden schieben ihre Altersvorsorge auf. 20 von 120 Lebensversicherern haben sich inzwischen vom Markt durch Fusionen verabschiedet oder zumindest wie Victoria oder Delta Lloyd ihr Neugeschäft eingestellt.

Kunden werden immer kritischer

"Die Versicherungen stehen vor großen Herausforderungen, weil die Kunden ihre Leistungen durch Vergleiche und Ratings immer kritischer beurteilen", sagt Jörg Finsinger von der Universität Wien. Er analysiert seit 15 Jahren die Leistungen von Lebensversicherern für die "Wirtschaftswoche". Die Tabelle zeigt die Unternehmen, die sich in diesem Zeitraum beständig auf den vorderen Plätzen platzieren konnten. Je häufiger das möglich war, desto besser fällt die Gesamtplatzierung aus. "Der Kunde möchte eine möglichst hohe Rente und die Sicherheit, dass er die lebenslang beziehen kann", sagt Finsinger. "Deshalb analysieren wir Sicherheitsmittel, Kostenquoten und Ausschüttungsquoten." Danach gehören Debeka, Europa und Neue Leben zu den besten Anbietern.

Ob neue, flexiblere Produkte der Branche helfen, blieb umstritten. Poweleit und Finsinger sind sich einig, dass die beste Form noch immer die klassische kapitalbildende Lebensversicherung ist, obwohl heute der Rentenversicherung wegen steuerlicher Vorteile bei der Auszahlung der Vorzug gegeben wird. "Der Kunde kann dann zur Auszahlung immer noch entscheiden, ob er das Kapital verrentet oder selbst darüber verfügt", sagt Finsinger. Denn nur bei einem langen Leben lohnt die Rentenversicherung.

Dennoch basteln die Unternehmen an neuen Produkten. "Wir haben eine Rentenversicherung entwickelt, bei der der Kunde seinen Beitrag variabel zwischen zwei Töpfen aufteilen kann", sagt Hans-Jürgen Löckener, Vorstandsvorsitzender der Neue Leben. Der Kunde kann so einen Teil seines Beitrags in Investmentfonds investieren und andererseits in den sicheren Topf der Lebensversicherung mit Garantiezins und Überschussbeteiligung. Das Problem dieser Modelle sind höhere Kosten, auch die späteren Auszahlungen sind weniger kalkulierbar. Mit der Fondsanlage wird das Risiko der Geldanlage zudem auch auf den Kunden verlagert.