Konzern kehrt in Gewinnzone zurück. Neue Milliardenaufträge bringen mehr Arbeit fürs Hamburger Werk. Betriebsrat fordert zusätzliche Beschäftigte

Hamburg. Die Bestellungen kamen pünktlich zur Bilanzvorlage des Mutterkonzerns EADS: Airbus hat von der Fluggesellschaft Cathay Pacific aus Hongkong einen Auftrag über 15 Langstreckenjets des Typs A330 zum Listenpreis von 2,5 Milliarden Euro erhalten. Bereits am Vorabend hatte die US-Leasinggesellschaft ILFC nicht weniger als 100 Airbus A320neo für 6,8 Milliarden Euro geordert, dafür allerdings zehn A380-Riesenflieger für 2,7 Milliarden Euro storniert.

Damit entwickelt sich der gerade erst im Dezember angekündigte A320neo, der dank neuartiger Triebwerke um 15 Prozent sparsamer sein soll als die bisherige Ausführung, innerhalb kürzester Zeit zu einem Verkaufsschlager. Der neue Jet, der im Jahr 2016 in den Liniendienst gehen soll, sorgte schon für 302 Bestellungen und Absichtserklärungen - und Branchenkreisen zufolge ist die Lufthansa an bis zu 30 Flugzeugen dieses Typs interessiert.

Für den Standort Hamburg, an dem mehr als jede zweite Maschine der A320-Reihe endmontiert wird, weckt all dies Hoffnung auf mehr Arbeitsplätze. Doch Airbus hält sich dazu bedeckt. "Wichtig ist, dass dieses neue Projekt auch für die zweite Hälfte des Jahrzehnts die Beschäftigung in unseren Werken sichert", sagte Firmensprecher Tore Prang dem Abendblatt.

Den Arbeitnehmervertretern geht dies aber nicht weit genug. "Für den Hochlauf der Produktionsrate bei der A320-Familie von 36 auf 40 Maschinen im Monat bis Anfang 2012 und dann weiter auf bis zu 44 Jets brauchen wir zusätzliche Mitarbeiter", sagte Uwe Klencz, stellvertretender Gesamtbetriebsratsvorsitzender von Airbus Deutschland. "Vor allem sollten wir den gut ausgebildeten Leihkräften eine dauerhafte Perspektive im Unternehmen bieten." Im vergangenen Jahr hatte Airbus beschlossen, an den deutschen Standorten 700 Leiharbeiter fest einzustellen. "Das reicht noch nicht", so Klencz. Allein in Hamburg, wo 500 Zeitarbeiter eine Festanstellung erhalten, sind aktuell rund 3000 Leihkräfte im Airbus-Werk beschäftigt.

Nach den Planungen von EADS-Chef Louis Gallois kommt auf sie und die Stammbelegschaft in diesem Jahr noch mehr Arbeit zu: 520 bis 530 Airbus-Ziviljets sollen ausgeliefert werden, im Jahr 2010 waren es 510. Nicht zuletzt wegen dieser Produktionssteigerung erwartet Gallois einen weiteren Anstieg des EADS-Umsatzes.

Ohnehin ist der Konzern künftig offenbar immer stärker von Airbus abhängig: Während sich der Auftragseingang 2010 in der Zivilflugzeugsparte auf 68 Milliarden Euro nahezu verdreifachte, verzeichneten die anderen Unternehmensbereiche Eurocopter (Hubschrauber), Astrium (Raumfahrt) und Cassidian (Kampfjet Eurofighter und Rüstungstechnik) allesamt Rückgänge. Die Einsparungen in den Wehretats vieler EU-Länder seien schon spürbar, erklärte Gallois.

Airbus war auch verantwortlich dafür, dass EADS in die schwarzen Zahlen zurückkehren konnte. Unter dem Strich stand ein Nettogewinn von 553 Millionen Euro nach einem Verlust von 763 Millionen Euro im Vorjahr, sodass EADS die Dividendenzahlung wieder aufnehmen kann - es soll 0,22 Euro je Aktie geben. Mit einem Betriebsgewinn (Ebit) von 305 Millionen Euro schaffte es Airbus im vergangenen Jahr wieder in den positiven Bereich, nachdem 2009 wegen der Rückstellungen im Zusammenhang mit den Kostenüberschreitungen beim Militärtransporter A400M ein Minus von knapp 1,4 Milliarden Euro verbucht werden musste. Gallois bescheinigte der Sparte Airbus deutliche Fortschritte: "Die Risiken im A400M-Programm wurden erheblich reduziert, und die A380-Produktion läuft stetig besser."

Dennoch werde der Betriebsgewinn von EADS in diesem Jahr voraussichtlich bei 1,3 Milliarden Euro stagnieren. Der positiven Mengen- und Preistendenz bei den Ziviljets stünden erhöhte Kosten für die Währungsabsicherung und steigende Entwicklungsaufwendungen gegenüber. Letzteres dürfte vor allem auf den neuen Langstreckenflieger A350 zurückzuführen sein, der im zweiten Halbjahr 2013 erstmals an die Kunden ausgeliefert werden soll. Der A350 sei gegenwärtig das EADS-Programm "mit dem ausgeprägtesten Risikofaktor", hieß es. Der Zeitplan bleibe anspruchsvoll.

In diesem Jahr will Gallois auch auf dem Weg zu seinem Ziel, die Abhängigkeit des Konzerns von Airbus zu verringern, vorankommen: "Wir müssen Wachstum in Bereichen kreieren, die nichts mit der zivilen Luftfahrt zu tun haben. Eine Übernahme könnte uns dabei helfen." Noch für 2011 sei ein Zukauf in Amerika geplant. Eine bis zwei Milliarden Euro wolle EADS ausgeben. Die Voraussetzungen dafür sind bestens: Die Nettoliquidität des Konzerns verbesserte sich von zehn Milliarden auf knapp zwölf Milliarden Euro.

Angesichts der überwiegend guten Nachrichten griffen Investoren gestern bei den EADS-Aktien zu. Die Papiere verteuerten sich an der Börse zeitweise um mehr als vier Prozent.