US-Finanzminister Timothy Geithner will eine Öl-Preisexplosion verhindern. Bislang kann Saudi-Arabien aber die Lieferausfälle ausgleichen.

Washington. Zur Dämpfung des Ölpreises sollen die Industriestaaten nach Ansicht der USA im Notfall ihre Reservevorräte anzapfen. "Wenn es nötig ist, sollten diese Reserven genutzt werden, um die Folgen einer schweren und anhaltenden Unterbrechung des Nachschubs aufzufangen", sagte US-Finanzminister Timothy Geithner als Reaktion auf die anhaltenden Unruhen im Nahen Osten, besonders in Libyen.

Zwar kündigte Geithner noch keine kurzfristige Entscheidung dafür an, die Reserven anzugreifen. Die USA machen sich jedoch offenbar Sorgen darum, dass hohe Energiekosten die Inflation antreiben und den beginnenden Aufschwung gefährden könnten.

Andere Industriestaaten reagierten zunächst nicht auf den Vorschlag. Es liegt in der Hand jeder einzelnen Regierung, ihre Ölreserven zu nutzen. Sie halten in der Regel die Gesamtmenge an Öl vorrätig, um ihre Wirtschaften knapp drei Monate ohne Nachschub versorgen zu können. Die Reserven wurden nach der Ölkrise Mitte der 70er-Jahre angelegt, als mangels Nachschub aus der arabischen Welt Fahrverbote verhängt und weitreichende Energiesparmaßnahmen ergriffen werden mussten.

Bisher ist Saudi-Arabien bei Lieferausfällen eingesprungen und hat versprochen, die wegen der Libyen-Krise ausfallenden Mengen auszugleichen. Das US-Energieministerium lehnt deshalb ein Anzapfen der Reserven bislang ab: Die Produktionssteigerung in Saudi-Arabien werde den Ölpreis dämpfen, hieß es. "Wir hoffen darauf, dass die Kräfte des Marktes wirken."

Für Unruhe im Ölhandel sorgten am Freitag unterdessen Nachrichten, wonach die Freiheitsbewegung im Nahen Osten auch auf das Königreich übergreifen könnte. "Saudi-Arabien ist das größte Risiko in der Region - sie verfügen über die notwendigen Reserven, und wenn es dort zu Unruhen und Unterbrechungen der Produktion kommt, dann wird der Ölpreis explodieren", warnten Ölanalysten.

Die Eskalation der Gewalt in Libyen hat die Ölpreise unterdessen weiter hoch getrieben. Brent-Öl verteuerte sich um rund einen auf knapp 116 Dollar je Fass (159 Liter). Die US-Sorte WTI kostete um 103 Dollar und damit ebenfalls rund einen Dollar mehr als im späten Vortagesgeschäft.