München/Frankfurt. Bei einem der offenbar größten Fälle von Umsatzsteuerbetrug in Deutschland soll der Staat um 850 Millionen Euro geprellt worden sein. Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt gegen mehr als 150 Beschuldigte, meist Firmenchefs und andere Geschäftsleute. International agierende Banden sollen mit einem Geflecht von 50 Firmen beim Handel mit Emissionszertifikaten systematisch Steuern hinterzogen haben. Vier Beschuldigte sitzen in Untersuchungshaft. Die Generalstaatsanwaltschaft bestätigte den Bericht.

Nach einer bundesweiten Razzia vor knapp einem Jahr hätten die Ermittler weitreichende Erkenntnisse gesammelt. Die Deutsche Bank soll an sogenannten Umsatzsteuerkarussellen mitgewirkt haben, bei denen binnen Minuten auf dem Papier Geschäfte in Millionenhöhe gemacht wurden. Mehrwert- oder Umsatzsteuer sei dabei nicht ans Finanzamt abgeführt worden.

Die Finanzämter sollen sogar noch 220 Millionen Euro als Steuererstattung an die mutmaßlichen Betrüger ausbezahlt haben. Dies sei der Steuerschaden, der "real entstanden" sei, so die Generalstaatsanwaltschaft.

Die Spuren führen unter anderem zur Deutschen Bank, die drei "Hauptlieferstränge" abgewickelt haben soll. Die Bank weise die Vorwürfe zurück, lasse den Fall aber von einer Anwaltskanzlei selbst untersuchen.

Der europaweite Emissionshandel ist das wichtigste Klimaschutzinstrument der EU und hat sich bisher aber als betrugsanfällig erwiesen. Mit dem Handel soll der Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid (CO2) gesenkt werden. Der Staat teilt Industrieunternehmen und Kraftwerken eine bestimmte Menge an Verschmutzungsrechten zu. Wer mehr von dem Treibhausgas ausstoßen will, muss die Berechtigungsscheine am Markt kaufen. Wer klimafreundlich produziert, kann ungenutzte Lizenzen verkaufen.