Hamburger entwickeln Onlineplattform Tagwerk für Buchhaltung

Hamburg. Vielleicht lag es an der unsortierten Wäsche. An einem bunten Wirrwarr aus Socken und T-Shirts, das Georg Portwich an das Papierchaos auf seinem Schreibtisch erinnerte. Der 41 Jahre alte Softwareentwickler weiß es heute nicht mehr genau. Zumindest war er gerade an der Waschmaschine beschäftigt, als ihm eine Geschäftsidee kam, die ihn nicht mehr losließ. So begann die Geschichte von Tagwerk, einer Onlineplattform für Freiberufler. Sie hilft bei der betriebswirtschaftlichen Abrechnung und Verwaltung von Projekten, speichert Rechnungsnummern, verarbeitet Reisekosten. Ebenjene Aufgaben, die zwar für jeden Selbstständigen alltäglich sein sollten - und doch meist einer lästigen Pflicht gleichen.

"Ich empfand Buchhaltung eigentlich immer als anstrengend", erinnert sich Georg Portwich, seit 1995 freiberuflich in Hamburg tätig. Die meisten Freiberufler, so seine Erfahrung, arbeiten in ihrer jeweiligen Branche hochprofessionell. Wenn es aber zur Abrechnung kommt, fehlt ihnen oft das nötige Wissen - und am Ende des Monats möglicherweise auch das Geld. Um die Buchführung zu vereinfachen, bastelte er mit dem Kommunikationsdesigner Gerald Moll, 39, und seinem Cousin Karl Andruleit, 42, einem Steuerberater, an einer digitalen Lösung.

Ihr Einsatz wurde am Freitag doppelt belohnt. Zum einen ging die Beta-Version von Tagwerk online, zum anderen gewann das Team den mit 6000 Euro dotierten Preis des "Gründerwettbewerbs - IKT Innovativ" des Bundeswirtschaftsministeriums. Die Jury überzeugte dabei besonders die Kombination der projektbezogenen Buchhaltungsplattform aus Dokumentation und Steuerberatung, die Karl Andruleit zusätzlich in seinem Kieler Büro anbietet. "Die Auszeichnung ist natürlich für uns eine tolle Chance", freut sich Georg Portwich. Denn grundsätzlich seien die Rückmeldungen auf ihr Portal durchweg positiv, das Thema Buchhaltung jedoch bleibe einfach "nicht sehr sexy".

Deshalb setzen die Erfinder auf eine moderne Gestaltung der Seite, mit YouTube-Videos, kleinen Illustrationen und einem Blog. Darin schreiben Gerald Moll und Georg Portwich über Freud und Leid als Freiberufler, hier kann diskutiert und kritisiert werden. "Wir wollen nicht irgendein Portal sein, wo anonym Daten eingespeist werden", sagt Portwich. Durch den Rückgriff auf die aus sozialen Netzwerken bewährten Mittel wie einer persönlichen Ansprache möchten sie Mitglieder binden. Und die sollten bereit sein, für ein Ende ihrer Zettelwirtschaft zu zahlen.

Zwischen neun und 18 Euro kosten die Tagwerk-Pakete, je nach Umfang der Leistungen. "Unsere Marke ist gut. Wir gehen davon aus, dass sie Gewinn einbringt", sagt der Gründer. Das allerdings werde dauern. Um finanziell weiter tragfähig zu sein, suchen die drei Hamburger nun nach einem Investor. Seine eigene Buchführung, erzählt Georg Portwich, hat sich durch das Projekt verbessert. Spaß mache sie ihm trotzdem nicht. "Für einen Freiberufler ist Buchhaltung ein Bruch zwischen meiner eigentlichen Arbeit und all dem, was ich zusätzlich tun muss."