DGB-Chef fordert gleiche Bezahlung. Aktionstag geplant

Hamburg. Im Prinzip ist Thorsten S. mit seinem Job zufrieden. Der gelernte Tischler arbeitet im Auftrag eines Zeitarbeitsunternehmens bei einem Zulieferbetrieb für die Flugzeugindustrie. Die Kollegen seien nett, das Arbeitsklima gut. Nur wenn der 53-Jährige am Monatsende seinen Lohnzettel erhält, wird er unzufrieden, fühlt sich ungerecht behandelt. Als Leiharbeiter bekommt der dreifache Familienvater 11,50 Euro pro Stunde bezahlt, bei 24 Tagen Urlaub. Die Festangestellten, die den gleichen Job wie er erledigen, erhalten dagegen einen Stundenlohn von 15 Euro bei 30 Tagen Urlaub. Unterm Strich bleiben Thorsten S., der seinen echten Namen nicht in der Zeitung lesen mag, 1300 Euro netto von 1800 Euro brutto. Das reicht nur deshalb fürs Leben, weil auch seine Frau berufstätig ist.

Thorsten S. gehört in Hamburg zu den rund 30 700 Beschäftigten, die fest bei Zeitarbeitsunternehmen angestellt sind. Nach der Entlassungswelle im Zuge der Wirtschaftskrise gibt es damit sogar gut zehn Prozent mehr Leiharbeiter in der Hansestadt als vorher im Jahr 2008. "Hamburg ist derzeit die Bundeshauptstadt für Leiharbeit", zog gestern Uwe Grund, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) in Hamburg Bilanz. Die Mehrheit seien Männer (22 053) und die meisten Deutsche (27 401). In Berlin gebe es 27 600, in Frankfurt 22 576 und in München 19 260 Zeitarbeiter. Auch die Zahl der Zeitarbeitsfirmen sei 2010 in Hamburg mit 596 auf einem neuen Rekord.

Das enorme Wachstum der Branche sieht der DGB-Chef sehr kritisch. "Durch Leiharbeit wird zunehmend reguläre Arbeit in den Betrieben ersetzt." Wurden früher vor allem Produktionsspitzen durch Leiharbeiter abgedeckt, zählen Leiharbeiter heute zur Unternehmenspolitik. "40 Prozent aller Leiharbeiter sind länger als drei Monate in einem Unternehmen im Einsatz", so Grund. Auch als Sprungbrett sei Leiharbeit nur für wenige erfolgreich. "Nur sieben Prozent der Leiharbeiter bleiben nach ihrem Einsatz in einem Unternehmen ,kleben' und erhalten eine Festanstellung", so Grund.

Hinzu komme, dass Leiharbeiter, mit wenigen Ausnahmen, nur die Hälfte des durchschnittlichen Einkommens verdienen: im Schnitt 1393 Euro brutto monatlich. Viele könnten deshalb nicht von ihrem Lohn leben. Bundesweit müsse jeder Achte der 92 000 Leiharbeiter sein Gehalt über Staatshilfen durch Hartz IV aufstocken. In Hamburg zählten dazu vor allem Beschäftigte im Einzelhandel. Die Aufstockung aller Billiglöhne koste den Steuerzahler jährlich elf Milliarden Euro, die Unternehmen als Lohnsubvention erhalten.

Um diese Ungerechtigkeit abzuschaffen, fordert der DGB Hamburg erneut eine gleichberechtigte Bezahlung. "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" müsse zum Standard werden, so Grund. Auch die Stadt Hamburg könnte ihren Beitrag dazu leisten, indem sie Aufträge nur an Firmen vergibt, die mindestens 8,50 Euro pro Stunde bezahlen. Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, plant der DGB am 24. Februar bundesweit einen Aktionstag. In Hamburg gibt es in mindestens 20 Unternehmen Betriebsversammlungen. Genaues werde noch nicht verraten.