Ex-Chefs von Gruner + Jahr sind mit ihrem Unternehmen Hanse Ventures seit einem Jahr am Markt. Mit Erfolg.

Hamburg. Vom Trainee zum Geschäftsführer mit sieben Mitarbeitern: Diesen Karrieresprung machte der Hamburger Benjamin Vahle kurz nach seinem 26. Geburtstag. Das kann in der Internetbranche schon mal passieren. Vor allem, wenn man bei der Beteiligungsgesellschaft Hanse Ventures in der HafenCity beschäftigt ist.

"Wir verstehen uns nicht als klassischer Investor, der in bestehende Start-ups investiert", sagt Sarik Weber, Geschäftsführer von Hanse Ventures. "Unser Konzept ist, als nachhaltige Gründerschmiede gemeinsam mit jungen Talenten eigene Ideen umzusetzen."

Nachhaltig deshalb, weil die neuen Firmenlenker nicht alleingelassen werden im Kampf um Klicks und Umsätze. Die Zusammenarbeit mit Hanse Ventures ist nicht nur inhaltlich, sondern auch räumlich eng: In einem schlauchartigen Großraumbüro arbeiten die Beschäftigten der Internetfirmen zusammen mit ihren Geldgebern von Hanse Ventures und deren Mitarbeitern. Schreibtisch an Schreibtisch, geschlossene Büros gibt es nicht. Dafür einen traumhaften Blick von zwei Dachterrassen auf die Traditionsschiffe am Sandtorkai und die Elbphilharmonie.

Vor genau einem Jahr haben die vier Gründungsgesellschafter Hanse Ventures aus der Taufe gehoben. Ihre Bilanz: Fünf Internet-Start-ups aus den Bereichen Auto, Reise, Hochzeit, Marketing und Übersetzung sowie 120 Arbeitsplätze in Hamburg, Berlin und München gehen bislang auf das Konto von Sarik Weber und seinen Mitstreitern. Zwischen 250 000 und 400 000 Euro haben sie als Anschubfinanzierung in die fünf Firmen gesteckt. Drei davon haben ihr Kapital schon durch externe Investoren auf bis zu eine Million aufgestockt. Bei Hochzeitsplaza.de, nach Firmenangaben bereits das führende deutsche Portal für Heiratswillige, ist der Branchenkenner und Dress-for-less-Gründer Holger Hengstler eingestiegen. "Alle Firmen entwickeln sich erfreulich - zum Teil können wir das Wachstum gar nicht so schnell finanzieren", sagt Weber.

Alles andere wäre auch verwunderlich. Schließlich haben sich bei Hanse Ventures vier ausgemachte Medienprofis als Gründungsgesellschafter zusammengetan. "Wir sind eine gute Kombination aus traditionellen Medienmachern und Internetspezialisten", sagt Mitbegründer Bernd Kundrun, der acht Jahre lang als Vorstandschef Europas größten Zeitschriftenverlag Gruner + Jahr leitete. Heute ist Kundrun an einem knappen Dutzend Internetfirmen beteiligt. "Die Unterstützung der Gründungskultur durch Frühphaseninvestoren ist in Deutschland sehr unterrepräsentiert" , erklärt der frühere Verlagschef sein Engagement.

Rolf Schmidt-Holtz, der zweite Gründungsgesellschafter, war "Stern"-Chefredakteur und Bertelsmann-Vorstand. Sarik Weber und Jochen Maaß, die gemeinsam die Geschäfte bei Hanse Ventures führen, entstammen der jüngeren Generation, die ihren Weg in der Internetwirtschaft macht. So gründete Maaß schon mit 15 Jahren seine erste Webfirma, den größten Erfolg hatte er mit dem Suchmaschinenoptimierer Artaxo. Weber hat die Xing AG mit an die Börse gebracht und seine Firma Cellity gewinnbringend an Nokia verkauft.

Die Gesellschafter wissen deshalb, vor welchen Herausforderungen Firmengründer stehen. "Wir haben unsere Erfahrungen gemacht und wollen jetzt den jungen Gründern helfen, Fehler zu vermeiden", sagt Weber. Deshalb erhalten die fünf Start-ups nicht nur Geld und strategische Tipps, sondern auch praktischen Beistand.

Sobald die Geschäfte laufen, sollen die Internetfirmen flügge werden, eigene Räume mieten - und mit ihrem Erfolg neue externe Investoren anziehen, bis sich Hanse Ventures auf lange Sicht mit Gewinn aus dem Engagement zurückziehen kann. Das Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, pro Jahr fünf bis acht neuen Ideen zu Startkapital zu verhelfen und aufzubauen.

Dies hat sich in der Szene herumgesprochen. "Wir erhalten jede Woche zehn bis 20 Konzepte - per E-Mail, Telefon, SMS, Facebook-Eintrag und sogar per Post", sagt Kundrun. Trotzdem sei es "eine Riesenarbeit", die richtigen Bewerber auszuwählen: "Es ist und bleibt ein risikoreiches Geschäft und ein mutiges Unterfangen, regelmäßig neue Firmen zu gründen."

Potenzial sah Hanse Ventures etwa bei Houman Gieleky, einem gebürtigen Iraner, und dem Vietnamesen Anh Tu Sam. Beide sind Wirtschaftsinformatiker mit internationaler Erfahrung und leiten das Portal Toptranslation mit 15 Beschäftigten und einem Netz von 1500 Fachübersetzern weltweit.

Weniger harmonisch lief es mit den Gründern des Reiseportals 1000Kreuzfahrten, deren Zusammenarbeit mit Hanse Ventures nach wenigen Monaten endete. Dieser Rückschlag wurde für Vahle zur großen Chance: Der BWL-Absolvent konnte den nun freien Chefposten bei 1000Kreuzfahren ergattern. Er hatte als Trainee zuvor ein Vierteljahr lang seinen Gründergeist in der Start-up-Schmiede der HafenCity bewiesen.