500 Leiharbeiter in Hamburg verdienen ein Drittel weniger als die Stammbelegschaft

Hamburg. Die schwedische Modekette Hennes & Mauritz (H&M) hat sich für die Arbeitsbedingungen im eigenen Konzern hohe Maßstäbe gesetzt: "Das gesamte Unternehmen soll von einer grundlegenden Achtung für jeden Einzelnen geprägt sein", heißt es auf der Internetseite des Konzerns. "Dies erstreckt sich auf alle Bereiche von einer gerechten Entlohnung, vernünftigen Arbeitszeiten bis hin zu der Möglichkeit, innerhalb der Firma zu wachsen und sich weiterzuentwickeln."

Doch genau gegen diese Grundsätze verstößt die Kette nach Ansicht der Gewerkschaft Ver.di und des H&M-Betriebsrats in ihrem weltweit größten Logistikzentrum in Hamburg-Neuallermöhe. Neben einer Stammbelegschaft von rund 1000 Mitarbeitern sind hier nämlich dauerhaft bis zu 500 Leiharbeitskräfte beschäftigt. Die Zeitarbeiter verdienen laut Ver.di rund ein Drittel weniger als die fest angestellten Kräfte. Während die Stammbelegschaft auf einen Stundenlohn von 11,77 Euro komme, seien es bei den Leiharbeitern nur 7,51 Euro.

"Hennes & Mauritz missbraucht das Instrument der Leiharbeit für eine Dumpinglohnstrategie", sagt Gewerkschaftssekretär Björn Krings, der bei Ver.di für die Modekette zuständig ist. "Die Zeitarbeit ist eigentlich dafür gedacht, umsatzstarke Spitzen abzudecken. Davon kann bei einer so hohen Zahl an Leiharbeitern aber keine Rede sein." Mittlerweile gebe es eine regelrechte "Zweiklassenbelegschaft" in dem Logistikzentrum. Andere Konzerne wie etwa der weltgrößte Versandhändler Otto hätten mit der Gewerkschaft hingegen Verträge abgeschlossen, die den Einsatz von Zeitarbeitern auf zehn Prozent begrenzten.

Auch der H&M-Betriebsrat hält die Zahl der Leiharbeiter für zu hoch. "Aus unserer Sicht wäre eine Zeitarbeitsquote von maximal 15 Prozent angemessen, nicht aber ein Drittel", sagt der Betriebsratsvorsitzende des Logistikzentrums, Donald Bulterman, im Gespräch mit dem Abendblatt. "Wir fordern daher, dass die Leiharbeiter fest angestellt werden. Sollte dies nicht möglich sein, so sollten sie zumindest ebenso bezahlt werden wie die Stammbelegschaft." Entsprechende Gespräche mit der Geschäftsleitung seien bislang aber ohne Ergebnis verlaufen.

H&M verweist hingegen darauf, dass sich das Unternehmen gerade in Verhandlungen mit dem Betriebsrat über eine freiwillige Vereinbarung befinde, um den Einsatz der Zeitarbeiter zu "optimieren". Generell würden für die Leiharbeiter in der Logistik die Tarifverträge gelten, die vom Deutschen Gewerkschaftsbund mit dem Bundesverband Zeitarbeit (BZA) und dem Interessensverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ) vereinbart wurden.

"Wir haben in den letzten Jahren einen besonderen Fokus darauf gelegt, Mitarbeitern, die länger bei uns in einem Zeitarbeitsverhältnis beschäftigt sind, einen Arbeitsvertrag anzubieten", heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme des Unternehmens. In einigen Fällen hätten jedoch die Personen selber einen entsprechenden Vertrag abgelehnt. Im Jahr 2010 sei bereits mehr als die Hälfte aller Neueinstellungen durch die Übernahme von Zeitarbeitern durchgeführt worden.

Die Ungleichbehandlung der Belegschaft zeigt sich nach Angaben der Gewerkschaft aber nicht nur bei den Stundenlöhnen, sondern auch bei sonstigen Leistungen. So hat die Stammbelegschaft beispielsweise Anspruch auf einen Mitarbeiterrabatt bei jedem H&M-Einkauf und erhält mehrmals im Jahr Warengutscheine. Zeitarbeiter gehen in diesen Punkten leer aus. Geringer sind auch die Ansprüche auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Die Geschäftsleitung kann hingegen keine Ungleichbehandlung der Leiharbeiter erkennen. Zeitarbeiter erhielten ebenso wie die Stammbelegschaft kostenfrei Kaffee, Tee und Wasser, heißt es in der Stellungnahme. "Ferner gelten für sie identische Preise im Betriebsrestaurant."