Finanzminister uneins über neue Regeln. Schäuble warnt vor verfrühter Diskussion über EZB-Chef

Brüssel. Der milliardenschwere Rettungsschirm für klamme Eurostaaten wird vorerst nicht aufgestockt. Das ergab ein Treffen der EU-Finanzminister gestern in Brüssel. "Wir haben keinen Grund, über eine Ausweitung des Haftungsschirms nachzudenken", sagte der österreichische Finanzminister und Vizekanzler Josef Pröll nach den Beratungen. Der im Mai 2010 geschaffene Schirm hat einen Umfang von 750 Milliarden Euro; zentraler Baustein ist der Euro-Rettungsfonds mit 440 Milliarden Euro. Der Fonds müsse nun besser ausgeschöpft werden, forderten viele Ressortchefs. "Es geht darum, ihn effizienter zu gestalten, die Summe von 440 Milliarden Euro bestmöglich auszunutzen", so Pröll. Dafür werden verschiedene Modelle geprüft.

Die neue ungarische EU-Ratspräsidentschaft löste auch bei den Finanzministern Irritationen aus. Ressortchef György Matolcsy sagte, es könne sein, "dass der Euro noch über ein Jahrzehnt hinweg gefährdet ist". Sein österreichischer Amtskollege Pröll konterte: "Wir tun alles, um den Euro stabil zu halten. Das ist uns auch gelungen." Pröll fügte hinzu: "Ich bin froh, dass solche Kommentare nicht von Ministern kommen, die in der Euro-Zone die Verantwortung tragen." Ungarn, das die EU-Amtsgeschäfte noch bis Juni führt, hatte schon mit einem neuen Mediengesetz für erheblichen Wirbel gesorgt.

Die Ressortchefs wollen spätestens bis März ein Gesamtpaket zur Euro-Stabilisierung unter Dach und Fach bringen, um die Finanzmärkte zu beruhigen. Deutschland besteht darauf, dass dabei nicht nur die finanzstarken Länder in der Pflicht sind. Die EU-Kommission hatte in der vergangenen Woche einen Vorstoß unternommen, den Fonds zu stärken und seinen Aktionsradius zu erweitern. Der komplette Betrag kann derzeit nicht ausgeschöpft werden, dafür die Bestnote "AAA" der Ratingagenturen hohe Sicherheiten vorgehalten werden müssen. Die tatsächlich verfügbare Hilfssumme beträgt höchstens 250 Milliarden Euro.

Schäuble warnte gestern vor einer verfrühten Diskussion über den künftigen EZB-Chef: "Wir haben ein starkes Interesse daran, dass der Präsident der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, nicht durch eine solche Debatte vorzeitig geschwächt wird." Die Amtszeit des 68 Jahre alten Franzosen läuft noch bis Ende Oktober. Als möglicher Nachfolgekandidat wird Bundesbank-Chef Axel Weber gehandelt. Zudem ist dessen italienischer Amtskollege Mario Draghi im Gespräch, für den sich Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi kürzlich bei einem Besuch in Berlin stark gemacht hatte.

Die EU plant auch ausgefeiltere Stresstests für Banken. "Wir brauchen strengere und verlässlichere Tests", sagte EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier. Die Belastungstests sind für das erste Halbjahr vorgesehen. Unter den EU-Mitgliedern herrsche Einigkeit über eine "totale Transparenz" der Ergebnisse.