Siemens, Daimler, BAE - Ermittlungen in Korruptionsfällen enden oft in Deals mit US-Behörden

Der frühere Siemenschef Heinrich von Pierer besteht weiter darauf, von der Korruption im Unternehmen nichts gewusst zu haben. Trotzdem zahlte er fünf Millionen Euro Schadensersatz an Siemens. Die Summe mag angesichts eines Schadens von mehr als 2,5 Milliarden Euro für den Konzern geradezu niedlich anmuten. Immerhin ist es Siemens gelungen, Pierer und andere Führungskräfte in Regress zu nehmen.

So weit gelingt die Aufarbeitung von Korruptionsfällen selten - auch weil sich europäische Regierungen schützend vor Konzerne stellen.

Berühmtestes Beispiel ist der Schmiergeldskandal des britischen Rüstungskonzerns BAE, in dessen Verlauf Premier Tony Blair höchstpersönlich den Generalstaatsanwalt zurückpfiff. Begonnen hat alles mit Peter Gardiner, einem peniblen Buchhalter, der viele Jahre Reisen und Vergnügungen für Mitglieder der Familie des saudischen Prinzen organisierte - inklusive Concorde-Flügen, Luxushotels und Fünf-Sterne-Partys. Über die Kosten, bezahlt von der BAE, führte er genau Buch und hob die Rechnungen auf. Gardiners Einsatz rentierte sich offenbar für BAE - seit Mitte der 80er verkaufte der Konzern den Saudis Kampfflugzeuge und Waffen für viele Milliarden. Die Rede war von dem größten Rüstungs-deal seit dem Zweiten Weltkrieg.

Dann lief etwas schief: Nach dem 11. September wurden die Gesetze gegen Terrorfinanzierung verschärft und Gardiners Arbeit risikoreicher. BAE trennte sich von dem Buchhalter, der mit seinen Quittungen zum "Guardian" ging. Ermittlungen der britischen Antikorruptionsbehörde folgten. Ans Licht kamen Scheinfirmen in Steueroasen und dubiose Zahlungen. Dann stoppte Tony Blair die Ermittlungen - mit Verweis auf die nationale Sicherheit.

Doch bald begannen amerikanische Behörden nachzuforschen. Die US-Fahnder greifen meist hart durch, denn seit 1977 besteht in den USA mit dem Foreign Corrupt Practices Act (FCPA) eine solide Rechtsgrundlage gegen die Bestechung ausländischer Amtsträger. Der FCPA gilt auch für ausländische Unternehmen, wenn diese in den USA börsennotiert sind. Das deutsche Pendant gibt es erst seit 1998, das englische soll im April 2011 in Kraft treten. Letztlich kaufte sich BAE frei und zahlte 400 Millionen Dollar für die Einstellung der amerikanischen und britischen Ermittlungen, ohne die Schuld anzuerkennen. An den zehn kostspieligsten Deals der letzten Jahre waren der Fachpublikation FCPA-Blog zufolge nicht nur Siemens und BAE, sondern auch die Daimler AG und fünf weitere europäische Konzerne beteiligt. "Offensichtlich unterschätzen europäische Unternehmen die Schärfe, mit der die amerikanischen Korruptionsbekämpfer vorgehen", sagt Christian Humborg von Transparency International Deutschland.

Dafür werden in Deutschland möglicherweise bald neue Maßstäbe in Sachen Haftbarkeit einzelner Manager gesetzt. Beim Münchner Lastwagenhersteller MAN, der auch eine Korruptionsaffäre überstanden hat, fordert der Aufsichtsrat derzeit Schadensersatz von Ex-Konzernchef Hakan Samuelsson. Der Schwede, der 2009 gehen musste, soll 237 Millionen Euro zahlen. Kommt der Aufsichtsrat damit durch, wäre Samuelsson, der alles abstreitet, - anders als der Ex-Siemenschef Pierer - völlig ruiniert.