Brüssel rechnet mit Verschärfung der Schuldenkrise

Berlin. Im Streit über weitere Schritte zur Stabilisierung des Euro tritt Deutschland auf die Bremse. Bundeskanzlerin Angela Merkel warnte am Wochenende vor voreiligen Beschlüssen und mahnte ein Gesamtpaket an. "Wenn es jetzt um ein weiteres Maßnahmenpaket geht in der Diskussion, ist vor allem wichtig, dass wir eine Gesamtstrategie entwickeln, die auf jeden Fall eine stärkere wirtschaftliche Koordinierung beinhalten muss", sagte Merkel in Mainz. Zugleich dämpfte sie die Erwartung schneller Entscheidungen. Die Maßnahmen müssten durchdacht sein. "Deshalb kann man jetzt nicht jeden Tag einen weiteren Einzelaspekt hervorziehen."

Vor allem die EU-Kommission und einige andere Euro-Staaten dringen auf eine Aufstockung des Euro-Rettungsschirms (EFSF). Die EU-Kommission rechnet laut "Spiegel" mit einer Verschärfung der Euro-Krise und will daher den Rettungsschirm effektiv mit mehr Geld ausstatten. "Neue, zudem verschärfte Spannungen scheinen in den ersten Monaten des Jahres 2011 unausweichlich", zitierte das Magazin aus Unterlagen der Brüsseler Behörde.

Alle bisherigen Anstrengungen hätten die Befürchtungen der Anleger nicht zerstreuen können. Aus dem Grund befürworte die Kommission einen grundlegenden Umbau des EFSF. Dieser solle unter anderem ermächtigt werden, Anleihen von Ländern in Finanznot aufzukaufen, um die Europäische Zentralbank zu entlasten, berichtet das Nachrichtenmagazin.

Die Bundesregierung lehnt eine Aufstockung des Rettungsschirms ab, ist aber offen dafür, ihn so zu verändern, dass die 440 Milliarden Euro des EFSF bei Bedarf auch voll zur Verfügung stehen. Um seine Spitzenbewertung "AAA" zu behalten, kann der Fonds derzeit nur 255 Milliarden Euro verleihen. Denn Anleihen, die der EFSF vergibt, müssen mit 120 Prozent besichert sein. Die EU-Kommission wolle den Sicherheitspuffer überflüssig machen, so der "Spiegel". Solvente EU-Länder sollten weitere Garantien und Milliarden bereitstellen, um die Kapitalbasis zu erhöhen.

Finanzminister Wolfgang Schäuble sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung": "Dieses Problem müssen und werden wir noch lösen." Das ändere aber nichts daran, dass das Gesamtvolumen der von EFSF, EU-Kommission und Internationalem Währungsfonds (IWF) insgesamt aufgebrachten Mittel bei 750 Milliarden Euro bleibe. Heute beraten die Finanzminister der Euro-Gruppe darüber.

Merkel betonte zum Abschluss der Klausurtagung des CDU-Bundesvorstands, dass Deutschland auf einen engen Zusammenhang zwischen finanziellen Hilfen und Strukturreformen in der EU poche. Die Bundesregierung werde darauf achten, dass Solidarität mit Stabilität, der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit von Staaten und verbindlichen Vorgaben bei Hilfen verbunden wird. Deutschland profitiere wie andere von der Gemeinschaftswährung. "Deshalb muss der Euro stark sein und gemacht werden, aber mit den richtigen Mitteln", forderte Merkel.

Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, hat Inflationsängste zurückgewiesen und den Euro gegen Kritik verteidigt. "In den letzten zwölf Jahren lag die durchschnittliche Teuerungsrate im Euro-Raum bei 1,97 Prozent, in Deutschland sogar nur bei 1,5 Prozent", sagte Trichet der "Bild"-Zeitung. "Das sind bessere Zahlen als in den gesamten 50 Jahren vor dem Euro."