Kartellamt beklagt dennoch zu wenig Wettbewerb. Vier Konzerne besitzen 80 Prozent der Kraftwerke

Bonn. Die deutschen Stromkonzerne dürfen aufatmen, vorläufig zumindest: Das Bundeskartellamt kann ihnen nicht nachweisen, durch vorübergehendes Abschalten von Kraftwerken in den Jahren 2007 und 2008 die Strompreise im Großhandel gezielt in die Höhe getrieben zu haben. Der Anteil der betroffenen Kraftwerksleistung sei so gering, dass man den Vorwurf eines systematischen Missbrauchs durch die Erzeuger nicht stützen könne, sagte der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt, in Bonn. Doch ganz ausschließen will der oberste Wettbewerbshüter ein solches Vorgehen auch wieder nicht.

Denn die marktbeherrschenden Stromerzeuger E.on, RWE, Vattenfall und EnBW, auf die rund 80 Prozent der Erzeugung in Deutschland entfallen, hätten durchaus Anreiz und Möglichkeit, den Strompreis durch das Zurückhalten von Kapazitäten erheblich zu beeinflussen. Die Wettbewerbssituation sei unbefriedigend, betonte Mundt. Als besonders kritisch sieht er den hohen Anteil von 25 Prozent Stromkapazitäten, die aus technischen Gründen nicht zur Verfügung standen. "Wir können nicht ausschließen, dass die von den Unternehmen angesetzten Werte für technische Restriktionen gegebenenfalls zu hoch sind", betonte Mundt bei der Vorstellung einer Untersuchung zur Preisbildung im Stromgroßhandel. Diese Fragen müssten mit den Unternehmen geklärt werden.

Kartellamtspräsident Mundt sagte auch: "Wir gehen davon aus, dass die Unternehmen einen Verhaltensspielraum haben, der mit Missbrauchsaufsicht im Zaum gehalten werden kann." Die Untersuchung habe möglicherweise auch eine abschreckende Wirkung gehabt. Eine effektive Missbrauchsaufsicht sei auch künftig dringend geboten, betonte der Kartellamtschef. Die Anbieter verfügten nicht nur wegen der Erzeugungsmengen, sondern auch wegen der fehlenden Speicherbarkeit von Strom über eine erhebliche Marktmacht.

Nach Berechnungen des Internetportals verivox.de wechselten im vergangenen Jahr drei Millionen Stromkunden ihren Anbieter. Das seien zwar deutlich mehr gewesen als 2009, aber lediglich sieben Prozent aller 46 Millionen Stromhaushaltskunden.