Auftragseingänge steigen nur leicht. Verbände fordern mehr Investitionen in Straßen und Häuser. Zu wenige Wohnungen in Hamburg.

Hamburg. Während viele Branchen mit dicken Auftragspolstern ins neue Jahr starten, präsentiert sich die Lage am Bau stark durchwachsen. Von einem kräftigen Rückenwind durch den erhofften Aufschwung ist weder in Hamburg noch bundesweit viel zu spüren. Der schneereiche Winter hemmt zudem große Fortschritte: Viele Baustellen stehen derzeit witterungsbedingt still, Hunderte Bauarbeiter in der Hansestadt bummeln Überstunden ab oder erhalten Saisonkurzarbeitergeld.

"Für 2011 erwarten wir keinen Boom. Wenn alles gut läuft, erzielen wir eine Stagnation und vielleicht ein kleines Plus", schätzt der Geschäftsführer der Hamburger Bau-Innung, Michael Seitz, in der vornehmlich die kleinen und mittelständischen der rund 1000 Bauunternehmen in der Hansestadt Mitglied sind. "Wir brauchen vor allem Impulse im Wohnungsbau. Bleiben diese aus, geht die Entwicklung nach unten." Entscheidend sei deshalb auch die neue Politik des künftigen Senats. "Die Stadt sollte angesichts der angespannten Mietsituation dafür sorgen, dass mehr und einfacher gebaut werden kann." Weitere Impulse könnten zudem vom Straßenbau ausgehen. Maßgeblich sei, inwieweit die vielen Kälteschäden auf den Straßen repariert werden.

Der Geschäftsführer des Bauindustrieverbands Hamburg, Peter Wagenmann, blickt ebenfalls nur "leicht positiv" nach vorn. "Wir gehen davon aus, dass 2011 nicht schlechter wird als das Vorjahr. Und das war nicht sehr doll." Das vergangene Jahr verlief für die Hamburger Bauwirtschaft schon nicht gerade rosig. Zwischen Januar und Oktober gingen die Umsätze im Bau um 12,9 Prozent auf 1,28 Milliarden Euro zurück, so die aktuellen Zahlen des Statistikamts Nord. Im Hochbau brachen die Umsätze sogar um 16,7 Prozent ein.

Einzig positives Signal: Die Beschäftigtenzahl sank nur um 100 auf 9033 Mitarbeiter. "Auch für 2011 erwarten wir keine großen Freisetzungen von Mitarbeitern", sagt Seitz dem Abendblatt. Bundesweit ging die Beschäftigtenzahl dagegen um 1,5 Prozent auf 715 000 Beschäftigte zurück.

Positivere Signale gehen dagegen von den Auftragseingängen aus - die in Hamburg immerhin um drei Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf 977 Millionen Euro zulegten. Klar ist aber auch: "Insgesamt sei die Auftragslage innerhalb der Branche sehr unterschiedlich", meint Wagenmann.

So geht das Traditionsunternehmen August Prien "mit einem sehr guten Auftragsbestand ins Jahr 2011", sagt der Geschäftsführer Jan Petersen. "Wir erwarten, dass die Bauleistungen deutlich zulegen werden." Die Hamburger Bauindustrie profitiere derzeit von der starken Nachfrage im Wohnungsbau, während die Nachfrage im Bürobau angesichts zahlreicher Leerstände nachlasse. "Wir gehen davon aus, dass auch im Falle eines Regierungswechsels im Wohnungsbau weiterhin viel getan wird, während vom öffentlichen Bausektor angesichts leerer Kassen keine Impulse zu erwarten sind." Das Bauunternehmen Otto Wulff sieht sehr optimistisch nach vorne. "Wir haben bereits gute Aufträge im Wohnungsbau", sagt der geschäftsführende Gesellschafter Stefan Wulff. Das Bauunternehmen Max Wiede, das 2010 mit seinen Geschäften zufrieden war, erwartet für den Hamburger Bau "ein eher schlechtes Jahr". "Angesichts der auslaufenden Konjunkturprogramme wird es bis zum Sommer eine Durststrecke geben", sagt Geschäftsführer Michael Schulz. Kritisch beurteilt er die Senatspolitik: "Die Schlaglöcher zeigen den schlechten Zustand vieler Straßen in Hamburg. Hier wird einfach zu wenig investiert."