Spekulanten treiben Notierungen für Rohkaffee in Rekordhöhe. Der Durchschnittspreis für ein Pfund liegt derzeit bei 3,69 Euro.

Hamburg. Deutschlands Kaffeetrinker müssen sich auf steigende Preise einstellen. Nach Weihnachten wird der Marktführer Tchibo den Pfundpreis um bis zu 50 Cent erhöhen, wie Tchibo-Sprecher Andreas Engelmann dem Abendblatt sagte. Im Detail verteuert das Unternehmen die Sorte Feine Milde von 4,99 auf 5,49 Euro. Die Privatkaffeeserie kostet dann 7,49 statt 6,99 Euro. Kaffee ist mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von aktuell 6,4 Kilogramm pro Jahr noch vor Wasser und Bier das beliebteste Getränk der Deutschen.

Auch andere Hersteller wie Kraft Foods oder Melitta werden nach Informationen des Abendblatts nachziehen. Denn die Preise für Rohkaffee sind laut Holger Preibisch, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Kaffeeverbandes in Hamburg, seit Jahresanfang um durchschnittlich 50 Prozent und damit auf etwa zwei Dollar pro Pfund gestiegen. Dieses Argument führt auch Tchibo in einem Infoblatt für die Kunden an. Das Unternehmen müsse "entweder auf einfachere Mischungen und mindere Qualitäten ausweichen oder die Preise angleichen", schreibt Vorstandsmitglied Peter Rikowski in dem in den 850 Filialen des Kaffeerösters ausliegenden Infoblatt. "Sollte der Rohkaffee wieder günstiger werden, passen wir unsere Preise entsprechend an."

Ernteausfälle und Spekulanten ließen den Preis um rund 50 Prozent steigen

"Wetterkapriolen, Ernteausfälle in Kolumbien und Asien und vor allem Börsenspekulanten haben den Preis für Rohkaffee in diesem Jahr in die Höhe getrieben", sagt Preibisch. Aus diesen Gründen befinden sich auch die Lagerbestände auf einem sehr niedrigen Niveau. Seit Beginn der Finanzkrise haben sich zudem immer mehr Hedgefonds und institutionelle Anleger auf den Rohkaffeemarkt gestürzt, wollen das schnelle Geld machen.

"Die intransparenten Börsenspekulationen mit Agrarrohstoffen und damit verbundene explosionsartige Kostenanstiege machen uns große Sorgen", sagt Hubert Weber, europäischer Kaffeechef von Kraft Foods. Das Unternehmen vertreibt unter anderem Jacobs Kaffee. Er fordert, dass Rohstoffspekulanten "regulative Grenzen" gesetzt werden. "Ansonsten stehen sowohl Hersteller als auch der Handel vor der Entscheidung, gestiegene Rohwarenpreise auf den Verbraucher zu übertragen", bereitet Weber den Boden für eine Verteuerung der Braunen Bohnen von Kraft Foods. Schließlich macht der Rohwarenanteil 80 Prozent der Produktionskosten von Röstkaffee aus.

In der gesamten Branche werden Rechenbeispiele für Preisanhebungen geprüft. Offiziell will diese zwar kein Hersteller bestätigen. Denn beim Thema Preise hat sich die Branche unlängst die Finger verbrannt. Das Bundeskartellamt hat vor einem Jahr wegen verbotener Preisabsprachen gegen Tchibo, Melitta und die Nestlé-Tochter Dallmayr eine Strafe in Höhe von 159,5 Millionen Euro verhängt. Zwischen 2000 und 2008 sollen sich die Manager der betroffenen Konzerne mehrmals heimlich getroffen und über die Preise geredet haben. Tchibo hat gegen den Bußgeldbescheid Einspruch erhoben, das Verfahren läuft noch. Kraft Foods befand sich auch unter den Verdächtigten, wurde dann aber Kronzeuge der Wettbewerbsbehörde und bekam eine geringere Strafe. Während es in diesem Verfahren um den Privatkundenmarkt ging, verhängte das Bundeskartellamt im Juni nochmals 30 Millionen Euro Strafe gegen diverse Anbieter, die Großkunden beliefern.

Ein Pfund Kaffee kostet in Deutschland im Schnitt 3,69 Euro

Die Preiserhöhung kommt zu einer Zeit, in der die braunen Bohnen - auch wegen der zahlreichen Sonderangebote der Discounter - recht günstig sind. Der Durchschnittspreis für ein Pfund liegt derzeit laut Weber mit 3,69 Euro deutlich niedriger als etwa im Jahr 1970 mit umgerechnet 4,91 Euro. Im heutigen Preis enthalten seien 1,09 Euro Kaffee- sowie sieben Prozent oder 24 Cent Mehrwertsteuer. Übrig bleiben damit 2,36 Euro für den Anbau und die Vermarktung des Kaffees.