Aufträge für zwei Milliarden Euro zum Jahresende. Mit Kreuzfahrern, Yachten und Fähren gegen Konkurrenz aus Asien

Hamburg. Silberstreif am Horizont für den deutschen Schiffbau: Zum Jahresende hat sich die Auftragslage spürbar verbessert. Allein seit September haben die Werften neun Aufträge für rund zwei Milliarden Euro gebucht. "Damit steigt die Zahl der Neubauten in diesem Jahr auf 22 Schiffe im Wert von 2,4 Milliarden Euro", sagte Werner Lundt, Hauptgeschäftsführer des Verbands für Schiffbau und Meerestechnik (VSM), dem Abendblatt. In den ersten neun Monaten hatten die Betriebe nur Neubauten-Aufträge für insgesamt 400 Millionen Euro erhalten.

Die größten Aufträge zog zum Jahresende Deutschlands bekanntester Schiffbauer, die Meyer Werft in Papenburg, an Land. Allein die beiden Ende Oktober von der US-Reederei Norwegian Cruise Line (NCL) bestellten Kreuzfahrtriesen für jeweils mehr als 4000 Passagiere sind zusammen 1,2 Milliarden Euro wert. Die Werft mit ihren 2500 Mitarbeitern ist mit den beiden bisher größten in Papenburg bestellten Schiffen bis 2014 ausgelastet.

Auch die Hamburger Sietas-Werft erzielte Anfang Dezember einen Erfolg. Zum ersten Mal holte der neue Chef Rüdiger Fuchs einen Auftrag für ein Transport- und Installationsschiff für Windkraftanlagen auf See nach Deutschland. Zum Erfolgskonzept gehört, dass Sietas der niederländischen Van-Oord-Gruppe auch den Kran für den Neubau mitliefert. Dieser wird von der Neuenfelder Maschinenfabrik hergestellt, die zur Firmengruppe zählt. Für Fuchs ist das Schiff der "Einstieg in einen neuen Wachstumsmarkt. Wir haben uns gegen Konkurrenten aus den Niederlanden, China und den Vereinigten Arabischen Emiraten durchgesetzt", so der Sietas-Chef. Das Auftragsvolumen soll gut 100 Millionen Euro betragen. Zudem wurde eine Option für ein zweites Schiff vereinbart.

Für die gesamte deutsche Branche reichen die Aufträge aus diesem Jahr jedoch nicht, um die Beschäftigung zu stabilisieren. "Sie bringen nur Arbeit für sechs Monate, sodass die Auslastung der Betriebe insgesamt auf ein Jahr zurückgeht", so Lundt. "Der Trend bei den Beschäftigten zeigt weiter nach unten", so der VSM-Chef. Schon Ende September lag die Zahl der fest angestellten Mitarbeiter bei 18 700 und damit um gut 1300 niedriger als noch 2009.

Aufträge für Standardfrachter für Container oder Massengut gingen in diesem Jahr bundesweit gar nicht mehr ein. Bei ihnen beherrschen China, das inzwischen zur Schiffbaunation Nummer eins aufgerückt ist, und Korea den Markt. Beide Länder zusammen stehen für mehr als zwei Drittel der weltweiten Produktion. Deutschland liegt etwa gleichauf mit Italien mit einem Anteil von unter zwei Prozent auf Platz vier hinter Japan. Die deutschen Unternehmen haben sich neben Kreuzfahrern vor allem auf Großyachten und Passagierfähren spezialisiert. Sie machen inzwischen mehr als 70 Prozent des Auftragsbestands aus. "Die weltweiten Überkapazitäten im Schiffbau sorgen aber dafür, dass der Preisdruck anhält. Das gilt auch bei den Passagierschiffen, auch wenn hier die Asiaten noch keine große Rolle spielen", sagt der Sprecher der Meyer Werft, Peter Hackmann.

Für 2010 erwartet der Schiffbauverband die Ablieferung von 55 Schiffen. Ihre Größe soll knapp eine Million Neubautonnen (cgt) betragen. Den Gesamtwert schätzt der VSM auf 4,8 Milliarden Euro.