Vattenfall erwägt, Betriebsführerschaft für Atomkraftwerke im Norden abzugeben

Hamburg. Nach der Pannenserie in den stillstehenden Atomkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel erwägt der Energiekonzern Vattenfall die Betriebsleitung an den Miteigentümer E.on abzugeben. Über die technischen Rahmenbedingungen, Betriebsabläufe und den Modernisierungsbedarf der beiden schleswig-holsteinischen Meiler soll im kommenden halben Jahr beraten werden, teilten die Konzerne gestern mit. Primäres Ziel sei es, die Kraftwerke wieder in Betrieb zu nehmen. Der Bundestag hat strengere Sicherheitsauflagen für Kernkraftwerke beschlossen, die allerdings noch nicht in allen Details vorliegen. Die Überprüfungen dienen nach Angaben der Unternehmen auch dem Ziel, festzustellen, "ob E.on die Betriebsführung beider Anlagen übernimmt". In diesem Zusammenhang könne es auch zu einer Verschiebung der Anteile kommen und damit zu einer Änderung der Eigentümerstruktur.

Schleswig-Holsteins Landesregierung würde Wechsel begrüßen

Derzeit hält Vattenfall die Mehrheit an Brunsbüttel und E.on ein Drittel, an Krümmel sind beide Unternehmen jeweils zur Hälfte beteiligt. Beide Anlagen stehen seit mehr als drei Jahren still. Ein kompletter Rückzug aus der Atomkraft in Deutschland sei aber "definitiv nicht geplant", sagte Vattenfall-Sprecher Stefan Müller dem Abendblatt.

Vattenfall ist für seine Betriebsführung der Kraftwerke in der Vergangenheit oft in die Kritik geraten. Erst vergangene Woche hatte die Kieler Atomaufsicht eine neue Betriebsleiterin für das Kernkraftwerk Krümmel wegen mangelnder Eignung abgelehnt. Zudem läuft noch ein atomrechtliches Prüfverfahren, ob Vattenfall die nötige Zuverlässigkeit für den Betrieb eines Kernkraftwerks besitzt. Es soll noch in diesem Jahr abgeschlossen werden.

Schleswig-Holsteins Landesregierung begrüßte es, dass grundsätzlich über einen Wechsel in der Betriebsführerschaft diskutiert werde, sagte Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) am Rande der Landtagssitzung in Kiel: "Es kann nur besser werden. Wir freuen uns, wenn wir nicht mehr über die Zuverlässigkeit eines Betreibers sprechen müssen." E.on übe die Betreiberschaft des AKW Brokdorf in hervorragender Weise aus. Schleswig-Holsteins Justizminister Emil Schmalfuß (parteilos), dem die Aufsicht über die beiden Kernkraftwerke obliegt, reagierte dagegen zurückhaltend: "Grundsätzlich ist jede Überlegung zur Optimierung von Kernkraftwerken positiv." Er könne jedoch das Ergebnis erst bewerten, wenn es vorliege.